Koalition Koalition macht Weg für mehr Schutz von Arbeitnehmern frei

Berlin · Über Monate lagen Reformpläne für Leiharbeit und Werkverträge auf Eis - nun gibt es grünes Licht. Die Arbeitsministerin ist erleichtert: Hunderttausende Arbeitnehmer sollen besser vor unlauteren Praktiken geschützt werden.

 Demonstranten während einer Kundgebung gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen in München.

Demonstranten während einer Kundgebung gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen in München.

Foto: Peter Kneffel/Archiv

Nach monatelangem Gezerre haben Union und SPD ihren Streit um eine Reform für mehr Schutz von Arbeitnehmern beigelegt. "Wir haben eine Einigung", teilte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles am Abend nach einem Spitzentreffen der Koalition in Berlin mit.

"Es wird in Zukunft klare Regeln geben für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, um den Missbrauch bei Leiharbeit und Werkverträgen zu bekämpfen." Klar verabredet sei gleicher Lohn für gleiche Arbeit ohne Schlupflöcher. Eine Dauerentleihung von Zeitarbeitnehmern gebe es künftig nicht mehr.

Der Weg sei nun frei für die zügige weitere Beratung des Gesetzentwurfs im Kabinett. Die Einigung wurde in einer Spitzenrunde bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach knapp zweistündigen Beratungen erzielt. Vor allem die CSU hatte Änderungswünsche angemeldet.

Mit Werkverträgen vergeben Unternehmen etwa IT-Dienstleistungen oder Catering- und Reinigungsdienste an andere Firmen. Laut den Gewerkschaften nutzen viele Unternehmen solche Verträge sowie Zeitarbeitnehmer, um Löhne zu drücken und soziale Standards zu senken. Die Arbeitgeber hatten hingegen vor harten Einschränkungen unternehmerischer Flexibilität gewarnt.

Zum ersten Mal in der Geschichte gebe es bald Regeln, "die durch Transparenz den Missbrauch von Werkverträgen eindämmen", sagte Nahles. Einen ersten Gesetzentwurf hatte ihr Ressort bereits im November vorgelegt.

Für Zeit- oder Leiharbeiter solle künftig eine gesetzliche Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten gelten. In Tarifverträgen dürften Arbeitgeber und Arbeitnehmer aber darüber hinausgehen. Auch nicht tarifgebundene Unternehmen sollen - das ist ein neuer Kompromiss - ohne eine Deckelung von tariflichen Öffnungsklauseln Gebrauch machen können: Von einer Obergrenze von 24 Monaten soll dann abgewichen werden können, wenn der Tarifvertrag für Betriebsvereinbarungen eine abweichende Obergrenze ausdrücklich festlegt. "Das ist Tarifpolitik vom Feinsten", sagte Nahles.

Bei der Zeitarbeit ist ferner geplant, dass Betroffene nur noch 18 Monate eingesetzt werden und nach 9 Monaten gleichen Lohn wie die Stammbelegschaften bekommen sollen ("Equal Pay"). "Der Einsatz von Leiharbietern als Streikbrecher ist ausgeschlossen", teilte die Ministerin ferner mit.

Bei Werkverträgen soll festgelegt werden, wann tatsächlich so ein Vertrag und wann ein normales Arbeitsverhältnis vorliegt.

In Teilnehmerkreisen wurde die gute, konstruktive Atmosphäre gelobt. Alle Beteiligten hätten sich um eine Lösung bemüht, sonst wäre die Einigung nicht in gut eineinhalb Stunden zu erreichen gewesen. Dies gelte auch für Seehofer, hieß es. Andere Themen seien nicht besprochen worden. Noch vor der Sommerpause könne es eine weitere Koalitionsrunde geben, da etliche Streitthemen noch ungelöst seien.

In der großen Runde von CDU, CSU und SPD sei nichts von den Auseinandersetzungen innerhalb der Unionsparteien über die Flüchtlingspolitik und die Haltung zur AfD zu spüren gewesen, hieß es ferner. Möglich war allerdings, dass sich Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer im Anschluss separat berieten.

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