Ministerpräsidenten-Konferenz auf dem Petersberg Corona lässt Laschet und Kollegen nicht los
Königswinter · Auf dem Petersberg treffen sich die Spitzen der Bundesländer. Für den nordrhein-westfälischen Regierungschef ist es eine weitere Abschiedsvorstellung. Ein altbekanntes Thema steht im Vordergrund.

Ministerpräsidenten auf dem Petersberg: (von links) Bodo Ramelow, Daniel Günther, Peter Tschentscher, Winfried Kretschmann, Volker Bouffier, Markus Söder, Armin Laschet, Stephan Weil, Malu Dreyer, Andreas Bovenschulte, Michael Müller, Tobias Hans und Michael Kretschmer. Es fehlen Dietmar Woidke, der am Freitag 60 wurde, Reiner Haseloff, der als Bundesratspräsident in Athen war und Manuela Schwesig wegen der Koalitionsverhandlungen in Schwerin.
Foto: Benjamin WesthoffVon dem heftigen Sturm vom Donnerstag ist im Siebengebirge an diesem Freitagmorgen nur noch ein laues Lüftchen übrig geblieben. Entsprechend gelöst ist die Stimmung, als sich die Ministerpräsidenten auf dem Petersberg zum Gruppenfoto aufstellen. Am Tag zuvor hatten noch der Sturm und die wegen des Starts der Ampel-Koalitionsverhandlungen reduzierten Reihen der Regierungschefs dafür gesorgt, dass man auf das eigentlich am Drachenfels geplante Foto verzichtete.
Nun wird gescherzt und gelacht, bis die Fotos endlich im Kasten sind. Im Mittelpunkt dabei natürlich Armin Laschet, der seit 1. Oktober Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) ist, diese Position in der nächsten Woche aber schon wieder los sein wird, wenn er sein Mandat als Bundestagsabgeordneter in Berlin annimmt und dafür sein Amt als Düsseldorfer Regierungschef aufgibt.
Beobachter haben schon vor Wochenfrist beim Deutschlandtag der Jungen Union in Münster einen Armin Laschet gesehen, der mit der Wahlniederlage der Union und seiner eigenen als Kanzlerkandidat nicht hadert, sondern irgendwie befreit und gelöst wirkt. „Die beste Rede seit Monaten“ habe er dort gehalten, sagt eine, die ihn in dieser Zeit immer wieder beobachtet hat.
Erneut geht es um Corona
Am Freitagmittag nun steht Laschet neben seinem Vorgänger als MPK-Chef, Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller, und seiner rheinland-pfälzischen Kollegin Malu Dreyer, vor den Mikrofonen und Kameras und berichtet über die Beratungen und Beschlüsse der Regierungschefs. Wie so oft in den vergangenen Monaten geht es um Corona. Es ist laut Müller die insgesamt 36. Runde, zu denen die Spitzen der 16 Bundesländer seit Beginn der Pandemie vor eineinhalb Jahren entweder digital oder in Präsenz zusammengekommen sind.
Für Müller und Laschet ist es zwar die letzte, denn auch der Regierende im Roten Rathaus wechselt in den Bundestag, doch die 14 Kollegen werden sich in nicht allzu ferner Zukunft sicherlich wieder treffen – in welchem Format auch immer. Denn ob jene Forderungen, die sie vom Petersberg aus an den Bund gerichtet haben, dort auch positiv angenommen werden, steht noch in den Sternen und dann dürften sie weiter Druck machen.
Worum geht es? Die Länder haben Sorge, dass die Erfolge im Kampf gegen die Pandemie aufs Spiel gesetzt werden, wenn der Bund, wie es Gesundheitsminister Jens Spahn jüngst vorgeschlagen hat, die epidemische Lage Ende November auslaufen lässt. „Wir haben bisher viel erreicht“, sagt Müller. Weil man den Gesundheitsschutz der Menschen als oberstes Ziel betrachtet habe, „haben wir viele Leben schützen können“. Und der Berliner fügt hinzu: „Es haben nicht viele Länder besser hinbekommen als wir in Deutschland.“
Angesichts der seit einigen Tagen wieder stark ansteigenden Inzidenzzahlen mahnen die Ministerpräsidenten weiterhin Vorsicht an. Sie wünschen sich vom Bund eine „einheitliche sichere Rechtsgrundlage, damit auch niedrigschwellige Basisschutzmaßnahmen in den kommenden Herbst- und Wintermonaten möglich sind“, sagt Laschet. Was sie genau vom Bund fordern, das bleibt an diesem Mittag auf dem Petersberg allerdings noch weitgehend offen.
Spahn jedenfalls nimmt den Länderchefs schon mal ein wenig Wind aus den Segeln und kündigt in einem Interview des Deutschlandfunks an, es gehe darum, nach 19 Monaten einen Ausnahmezustand zu beenden. Befugnisse der Bundesregierung sollten dadurch in einen Normalzustand zurückgeführt werden. Das Ende der epidemischen Lage bedeute indes keinen „Freedom Day“, also einen Tag der Freiheit, oder das Ende aller Maßnahmen. Es brauche weiterhin besondere Vorsicht, die 3-G-Regeln in Innenräumen oder die Maskenpflicht in Bussen und Bahnen, so Spahn. Dies könne aber ohne den Ausnahmezustand geregelt werden.
Doch wer redet denn jetzt eigentlich von Seiten des Bundes mit den Vertretern der Länder? Die alte Bundesregierung, Abgesandte eines möglichen Ampel-Bündnisses, die Bundestagsabgeordneten? Das Parlament, das ab Dienstag wieder arbeitsbereit ist, könnte jedenfalls unabhängig von der Bildung einer neuen Regierung bis Ende November über eine Anschlussregelung entscheiden.
Ministerpräsidenten wollen härter gegen Fälschungen vorgehen
Darüber hinaus sprechen sich die Ministerpräsidenten an diesem Freitag auf dem Petersberg für eine konsequentere Ahndung gefälschter Impf- und Genesenennachweise sowie Testbescheinigungen aus. Das Strafrecht weist nach Einschätzung der Justizminister der Länder Lücken auf, die die Ahndung solcher Fälschungen erschwert. Es brauche hier Rechtssicherheit und Sanktionen, betont Müller. Zuständig für die Prüfung und gegebenenfalls Änderung der Rechtslage wäre das Bundesjustizministerium. Noch ein Punkt, wo die Länder beim Bund Druck machen.
Für Armin Laschet gehen die Abschiedsvorstellungen jedenfalls weiter. An diesem Samstag gibt er beim Landesparteitag der nordrhein-westfälischen CDU in Bielefeld sein Amt als Landesvorsitzender auf. Auf ihn soll Verkehrsminister Hendrik Wüst folgen. Die gleiche Nachfolgeregelung plant er für das Amt des Ministerpräsidenten. Hier soll der Wechsel am Mittwoch erfolgen – wenn denn der Landtag mit der Ein-Stimmen-Mehrheit von CDU und FDP Wüst ins Amt wählt.

Ministerpräsidentenkonferenz auf dem Petersberg
Ob sich denn bei all diesen Wechseln in diesen Tagen Wehmut bei ihm bemerkbar macht, fragt der General-Anzeiger Laschet in der Pressekonferenz. Offenbar schon. Seine Antwort: „Das ist wie im privaten Leben: Wenn ein Abschnitt endet, ist auch Wehmut damit verbunden. Ich war sehr gern Ministerpräsident, weil dieses Amt natürlich zwei Dinge verbindet.“ Zum einen könne man als Regierungschef Dinge gestalten. Zum anderen repräsentiere man aber auch das Land und treffe mit vielen Menschen zusammen. „Das ist bei Bundesfunktionen anders, da geht es eher um das Regieren“, meint Laschet.
Das allerdings wird dem Noch-Ministerpräsidenten in der Bundespolitik nach dem bekannt desaströsen Unions-Wahlergebnis und dem voraussichtlichen Zustandekommen eines Ampel-Bündnisses wohl nicht vergönnt sein. Wenn der 60-Jährige vor diesem Hintergrund dann auch noch davon spricht, dass er sich auf den anstehenden Neubeginn freue, dann dürften ihm dies viele nicht abnehmen. Die Oppositionsbänke können nach viereinhalb Jahren als Regierungschef in der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei ganz schön hart sein.