Der Eisbrecher Kommentar zu Steinmeier-Besuch in Russland

Bonn · Der europäische Kontinent, der die EU und Teile von Russland umfasst, muss angesichts der desolaten internationalen Lage seine Handlungsfähigkeit wieder erhöhen, kommentiert Eva Quadbeck.

 Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (l) und der russische Präsident Wladimir Putin.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (l) und der russische Präsident Wladimir Putin.

Foto: dpa

Die andauernde Eiszeit zwischen der Europäischen Union und Russland schadet beiden Seiten. Daher war es richtig von Bundespräsident Steinmeier, aktiv nach einem guten Grund zu suchen, nach Russland zu reisen und bei dieser Gelegenheit auch das Gespräch mit Präsident Putin zu suchen und für bessere Beziehungen zu werben. Die gegenseitigen Wirtschaftssanktionen sind spürbar, aber nicht das größte Problem in den zerrütteten Beziehungen. Vielmehr ist es die Unfähigkeit, in großen internationalen Krisen Absprachen zu treffen und damit jeweils die eigenen Interessen zu wahren.

In einer Welt, in der die USA nicht mehr als Anführer des Westens gelten, müssen auch Europa und Russland ihr Verhältnis neu ausloten – das wäre auch in guten Zeiten so gewesen. Nach der Annexion der Krim ist es umso schwieriger. Durch die abgekühlten Beziehungen zwischen den USA und Deutschland sieht Putin die Chance, einen neuen Anker in Europa auszuwerfen. Deshalb machte er auch mit der Rückgabe der St. Peter und Paul Kathedrale den Besuch von Steinmeier in Moskau möglich.

Der europäische Kontinent, der die EU und Teile von Russland umfasst, muss angesichts der desolaten internationalen Lage seine Handlungsfähigkeit wieder erhöhen. Wenn die USA tatsächlich das Atomabkommen mit dem Iran aufkündigt und sich die Krise in Nordkorea verschärft, dann sollten die EU und Russland zumindest soweit miteinander gesprächsfähig sein, dass sie für gemeinsame Interessen auch in die gleiche Richtung arbeiten. Auch der Kampf gegen den islamistischen Terrorismus gehört zu den Themen, bei denen Zusammenarbeit notwendig wäre. Das Eingreifen der Russen in den Bürgerkrieg und die einseitige Unterstützung Assads zeigte, wie es gerade nicht laufen sollte.

Deutschland und die Europäische Union müssen einen Weg finden, wie sie mit Russland wieder Beziehungen pflegen, ohne dadurch die Annexion der Krim eines Tages doch stillschweigend zu akzeptieren. Es wird auch nicht reichen, immer nur zu rufen: Das war völkerrechtswidrig. Denn ein solcher Vorwurf nutzt sich allzu schnell ab, wenn sich die Beziehungen nebenbei normalisieren. Ohne sichtbare Zeichen Russlands, die weiter gehen als die Rückgabe einer Kirche, wird dies nicht funktionieren.

Es ist zwar eigentlich nicht seine Rolle: Dennoch nutzt es natürlich, dass Steinmeier die Gesprächsfäden für Deutschland wieder aufnimmt – zumal kaum ein anderer die Problemlagen so gut kennt wie er. Nach seiner Rückkehr wird er der Kanzlerin Bericht erstatten und man wird überlegen, ob weitere Schritte der Annäherung folgen können. Als Außenminister hätte er das auch nicht viel anders gemacht. Dass er nun als Präsident den Job des Außenministers gleich miterledigt, macht nichts.

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