Merkel-Nachfolge Kramp-Karrenbauer schaltet im CDU-Rennen auf Attacke

Berlin · Die Regionalkonferenzen für die Nachfolge von CDU-Chefin Merkel gehen in die zweite Halbzeit. Die Haupt-Kontrahenten stecken weitere Positionen ab - dabei setzt eine jetzt auf ziemlich forsche Konter.

Der Wettstreit um den künftigen CDU-Vorsitz wird schärfer. Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer wies Kritik ihres Konkurrenten Friedrich Merz harsch zurück, die CDU habe die Wahlerfolge der AfD - zugespitzt gesagt - „mit einem Achselzucken“ zur Kenntnis genommen.

Solche Behauptungen seien „ein Schlag ins Gesicht“ für alle in der CDU, die vor Ort und in den Parlamenten seit Jahren gegen ständige Falschinformationen, Anfeindungen sowie in Teilen offene Hetze durch die AfD kämpften und Tag für Tag Haltung zeigten, sagte sie der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.

Vor dem Start in die zweite Hälfte der Regionalkonferenzen, auf denen sich die Kandidaten der Basis vorstellen, schaltet Kramp-Karrenbauer damit stärker auf Attacke - namentlich gegen Merz. An diesem Montag kommen zunächst die CDU-Spitzengremien in Berlin zusammen. Dann folgt am Dienstag in Böblingen die fünfte von acht Regionalkonferenzen. Dritter Aspirant auf die Nachfolge der nach 18 Jahren abtretenden Parteichefin Angela Merkel ist Gesundheitsminister Jens Spahn. Die Entscheidung über den CDU-Vorsitz fällt beim Parteitag am 7. Dezember in Merkels Geburtsstadt Hamburg, Kanzlerin will sie weiter bleiben.

Kramp-Karrenbauer zielt mit ihren Nadelstichen erkennbar auf ihre Verankerung in Partei- und Regierungsämtern - während sich Merz 2009 aus der aktiven Politik verabschiedete und in die Wirtschaft ging. „Ich habe Wahlen gewonnen mit 40 Prozent für die CDU und rund sechs Prozent für die AfD“, gab die ehemalige Ministerpräsidentin mit Blick auf die Landtagswahl im Saarland 2017 zu Protokoll. Und fügte trocken hinzu: „Der eine traut's sich zu. Die andere hat's bewiesen. Das ist der Unterschied.“ Es ist ein Konter gegen den Rivalen, der angesichts schwacher Umfragewerte einen Wiederaufschwung der CDU in Sphären von 40 Prozent für möglich erklärt hat. Und auch mit der Ansage wirbt: „Das traue ich mir zu, die AfD zu halbieren - das geht.“

Dafür verlangte der frühere Unionsfraktionschef am Wochenende erneut einen entschiedeneren Kampf um verlorene Stammwähler. „Mit mir gibt es keine Achsenverschiebung der Union nach rechts“, betonte er im Deutschlandfunk. Die CDU müsse sich aber wieder für Themen öffnen, über die sie „vielleicht in den letzten Jahren etwas leichtfertig hinweggegangen ist“. Wenn man in Deutschland wieder braune Hemden sehe, Antisemitismus auf offener Straße gezeigt werde „und die CDU darauf erkennbar keine Antwort hat“, empfinde er es als persönliche und staatsbürgerliche Verantwortung, seiner Partei Hilfe anzubieten. Der Anspruch sei ihm „etwas zu wenig“, wenn man sage: „Früher hieß es 40 plus x, dann mal 30 plus x und jetzt sagen wir, wir müssen nur so stark werden, dass (...) ohne uns nicht regiert werden kann.“

Kramp-Karrenbauer entgegnete: „Jetzt so zu tun, als könne man einfach nur etwas Bestimmtes sagen und schon sei der Kampf gegen die AfD gewonnen, ist naiv.“ Zugleich markierte sie weitere Positionen in Abgrenzung zu Merz und Spahn, die nicht zuletzt viele enttäuschte Konservative in der CDU ansprechen wollen. Die Debatte, wie konservativ die Partei sei? „Unproduktiv“, findet Kramp-Karrenbauer. Merkels umstrittenes Offenhalten der Grenze für Flüchtlinge 2015? Dazu stand und stehe sie immer noch. Der ungarische Regierungschef Viktor Orban, der keine Flüchtlinge aufnehmen will? Könnte sich doch für verfolgte Christen engagieren, von denen es weltweit viele gebe.

Die Vorstellungstour führt die Bewerber noch in große Landesverbände, die viele Parteitagsdelegierte stellen - vor allem am Mittwoch in Düsseldorf, wo Merz und Spahn als Nordrhein-Westfalen ein spezielles Heimspiel haben. Die letzte Regionalkonferenz ist Freitag in Berlin. Am Samstag stellten sich die Kandidaten bei einer Veranstaltung der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) vor. Abgestimmt worden sei am Ende nicht, sagte der Vorsitzende Karl-Josef Laumann den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Aber klar, Kramp-Karrenbauer stehe dem Arbeitnehmerflügel näher als Merz oder Spahn.

Der Gesundheitsminister trommelt weiter für einen „wirklichen Aufbruch“ seiner Partei. Die Stimmung sei gerade besser als die Lage, in Umfragen gehe es eher in Richtung 20 als 40 Prozent. „Diesen Abwärtstrend will ich brechen“, sagte Spahn dem „Handelsblatt“. Dazu, dass er nun eher als Außenseiter gilt, meinte der 38-Jährige, er sei mit sich im Reinen. „Allein die Art, wie wir jetzt freier debattieren und Deutschland überraschen, war es wert, zu kandidieren.“ Ob er bis zum Parteitag doch noch zurückzieht? „Nein“, sagte Spahn.

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