NRW-Gesundheitsminister Laumann: Bei jetziger Infektionslage kein Karneval

Düsseldorf · Jens Spahn hat mit seiner Aussage, den Karneval wegen Corona komplett abzusagen, eine Diskussion ausgelöst. Nun hat sich auch der NRW-Gesundheitsminister dazu geäußert - und sieht die Veranstaltungen auch eher kritisch.

 Jecken feiern den Karneval in Bonn.

Jecken feiern den Karneval in Bonn.

Foto: Benjamin Westhoff

Schlechte Aussichten für alle Karnevalisten: Aufgrund der Corona-Pandemie glaubt NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann derzeit eher nicht, dass der nächste Karneval stattfinden kann. „Bei der jetzigen Infektionslage kann ich mir Karneval nicht vorstellen“, sagte Laumann am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Düsseldorf.

Er wolle die Entscheidung darüber auf jeden Fall mit den Karnevalsvereinen zusammen treffen, sagte der CDU-Politiker. Man solle sich damit auch ruhig noch zwei, drei Wochen Zeit lassen. „Ich muss Ihnen aber auch sagen, und da will ich auch gar nicht hinterm Berg halten: Wenn in drei Wochen die Inzidenz da ist, wo sie jetzt ist, bin ich schon der Meinung, dass wir dann eher zu der Frage kommen, dass Karneval so nicht geht, wie wir das kennen. Wir haben ja auch im Frühjahr die Schützenfeste nicht gemacht, wir machen jetzt im Herbst die Kirmes nicht.“

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans äußerte sich ebenfalls skeptisch. „Das, was Karneval ausmacht, gerade in den Zentren des Karnevals, das wird nicht gehen“, sagte der Rheinländer im ntv-„Frühstart“. „Karneval, so wie er ist, geht nicht mit 1,50-Abstand und Schutzmaske.“ Deswegen müsse man neue Formen finden.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer forderte eine rasche Entscheidung. „Für alle Beteiligten muss aus meiner Sicht sehr schnell Klarheit geschaffen werden“, sagte Kramp-Karrenbauer am Mittwoch im Fernsehsender Welt. Im Karneval stecke viel Herzblut, aber auch viel finanzielles Engagement.

Karneval bestenfalls in eingeschränkter Form

Sicher scheint bereits, dass der Karneval bestenfalls in sehr eingeschränkter Form stattfinden kann. Die Karnevalsvereine warben am Mittwoch erneut dafür, die Entscheidung noch offen zu lassen und nicht schon im Sommer den gesamten Karneval abzusagen. Gleichzeitig betonten sie, dass auch für sie die Gesundheit Vorrang habe.

„Der Straßenkarneval, der Kneipenkarneval, das sind so Elemente, die wir uns nicht vorstellen können“, sagte der Präsident des Festkomitees Kölner Karneval, Christoph Kuckelkorn, im WDR 2. „Auch Ballveranstaltungen können wir uns nicht vorstellen.“ Anders sei es bei Karnevalssitzungen mit Hygienekonzept.

Der Düsseldorfer Wagenbauer Jacques Tilly gab den Rosenmontagszug noch nicht verloren. „Unter bestimmten Bedingungen kann der auf jeden Fall stattfinden“, sagte der bundesweit bekannte Schöpfer von Karnevalsfiguren der Deutschen Presse-Agentur. „Und wenn man die Wagen einfach irgendwo aufstellt und die Leute laufen vorbei. Das ist eine Frage der Kreativität.“

Ähnlich äußerte sich der Komiker und Fernsehmoderator Bernd Stelter. „Karneval kann man nicht absagen, das ist Teil des Kalenders“, sagte der 59-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. „Was man absagen kann, sind Veranstaltungen. Da muss man mal ein bisschen kreativ sein. Einfach so wie früher 10 000 Mann in die Kölnarena, alle schunkeln, bützen und singen laut, das wird sicher nicht funktionieren, das ist völlig klar.“ Andererseits sei Karneval aber auch ein Ausdruck der Lebensfreude, „und Lebensfreude haben wir im Moment mal wirklich zu wenig“. Deswegen solle man sich schon fragen: Was kann man denn machen? „Nur einfach sagen "Es ist verboten", reicht da nicht aus.“

Verband Dehoga äußert sich kritisch

Für viele Künstler wäre eine komplett ausgefallene Karnevalssession außerdem existenzgefährdend. „Ich mach das jetzt seit 30 Jahren. Wenn das meine Existenz gefährden würde, dann hätte ich ganz viel falsch gemacht in den letzten Jahren“, sagte Stelter. „Ich werde daran nicht pleite gehen. Aber junge Kollegen, die das vielleicht erst seit ein, zwei, drei Jahre machen oder auch die ganzen Technikfirmen, für die sieht das ganz, ganz böse aus.“

Ebenfalls kritisch äußerte sich der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga. Der Gesundheitsschutz müsse oberste Priorität haben, aber Verbote dürften erst am Ende einer Diskussion stehen, kritisierte Dehoga-NRW-Präsident Bernd Niemeier. Er verwies darauf, dass nach Zahlen des Landesgesundheitsministeriums nur sechs Prozent aller Infizierungen auf öffentliche Veranstaltungen zurückgingen, ein Drittel dagegen auf private Zusammenkünfte. „Ich glaube, dass es aus Infektionsgesichtspunkten sinnvoller ist, Veranstaltungen von Profis aus dem Gastgewerbe durchführen zu lassen als von „privaten“ Gastgebern zuhause im Keller, im Park oder auf dem Balkon.“

Karnevalspräsident Kuckelkorn sagte, Alkohol sei sicherlich eine Komponente, die man bei allen Planungen bedenken müsse. „Vielleicht gibt es ja auch Veranstaltungen, in denen es auch gar keinen Alkohol mehr gibt oder nur noch eingeschränkt Alkohol.“ Mitte September werde man vom Landesgesundheitsministerium die vorgelegten Hygienekonzepte bewertet zurückbekommen. Dann werde sich zeigen, wie der Karnevalsbeginn am 11.11. ablaufen werde. „Nach dem 11.11. wissen wir die Auswirkungen, wissen, wie's funktioniert hat, und das sind dann die Erfahrungswerte, die wir für die Session brauchen.“

(dpa)
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