Kommentar zum Katholikentag Lebendiger Glauben

Meinung | Münster · Inhaltlich traf der Katholikentag den Nerv der Zeit, indem er viele aktuelle politische Themen aufgriff, kommentiert Benjamin Lassiwe.

 Mitglieder des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem (l) und des Deutschen Ordens (r) nehmen an dem Hauptgottesdienst des Katholikentages auf dem Schlossplatz teil.

Mitglieder des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem (l) und des Deutschen Ordens (r) nehmen an dem Hauptgottesdienst des Katholikentages auf dem Schlossplatz teil.

Foto: dpa

In den Gottesdiensten gingen den Priestern die Hostien aus, und zwischenzeitlich hatten die Veranstalter auch keine Eintrittskarten mehr. Der Katholikentag in Münster war ein eindrückliches Zeichen einer lebendigen, an Spiritualität und Politik gleichermaßen interessierten katholischen Kirche. Schon die bloßen Teilnehmerzahlen waren eine Ansage: 50.000 Dauerteilnehmer und 25.000 Tagesbesucher klingen ganz anders als die 36 000, die vor vier Jahren im auch nicht unbedingt antikatholischen Regensburg zusammenkamen.

Doch auch inhaltlich traf der Katholikentag den Nerv der Zeit: Dass die größte Zusammenkunft politisch interessierter Menschen, die es in diesem Jahr in Deutschland gibt, am Tag nach dem Ausstieg des amerikanischen Präsidenten Donald Trump aus dem Atomabkommen mit dem Iran begann und auch noch unter dem Motto „Suche Frieden“ stattfand, war ein echter Glücksgriff der Veranstalter. Denn während es noch vor zwei Jahren in Leipzig so schien, als wären politische Diskussionen bei Katholikentagen nicht länger gefragt, waren gerade diese Veranstaltungen in Münster überfüllt.

In der westfälischen Bischofsstadt nutzten viele Besucher die Gelegenheit, sich von der versammelten Spitzenpolitik aus erster Hand erklären zu lassen, wie es nun politisch weitergehen soll, und dabei auch die eigene Meinung einzubringen. Doch es ging nicht nur um die Außenpolitik: Vor dem Hintergrund der Kreuzdebatte hatte es Symbolkraft, dass ausgerechnet Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wegen angeblicher Reiseprobleme seine Teilnahme auf dem Katholikentag absagte und nahezu zeitgleich in einem Beitrag des „Spiegel“ den Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, scharf angriff. So zeigte auch der Katholikentag in Münster eindrücklich, dass die Entfremdung zwischen der CSU und den beiden großen Kirchen wohl nie zuvor so groß war, wie sie es heute ist.

Innerkirchlich bewegte dagegen die Frage, ob evangelische Ehepartner von Katholiken in besonderen Ausnahmefällen zur katholischen Kommunion zugelassen werden können. Hier war es bedauerlich, dass Gegner und Befürworter dieser Position in Münster zwar übereinander, aber nie miteinander diskutierten. Gerade die Position der Kritiker kam auf diese Weise etwas kurz. Und während der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki seine Position verteidigte, ließ Marx ohnehin kaum Zweifel daran, wie es künftig weitergehen solle: Eine einmütige Entscheidung müsse nicht Einstimmigkeit bedeuten, machte er in Münster deutlich. Deutschlands katholische Christen werden deswegen wohl damit leben müssen, dass es in den unterschiedlichen Diözesen künftig auch unterschiedliche Regelungen bei der Kommunionszulassung geben könnte. Ob das allerdings im Sinne des Leitworts des Münsteraner Katholikentreffens, „Suche Frieden“, ist, darf wohl mit Fug und Recht bezweifelt werden.

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