Kommentar zum Mangel an Landärzten Lebensentscheidung

Meinung | BONN · Das Modell Landarzt als Praxis eines selbstständigen Mediziners ist gerade dabei, am demografischen Wandel zu scheitern, kommentiert Helge Matthiesen.

 Ein Medizinstudent misst den Blutdruck einer Patientin.

Ein Medizinstudent misst den Blutdruck einer Patientin.

Foto: dpa

Die Sache ist kompliziert und Lösungen sind daher nicht ganz einfach. Die Zahl der Ärzte wächst kontinuierlich, aber immer weniger junge Mediziner wollen aufs Land und dort eine Praxis übernehmen. Das nimmt den ländlichen Regionen fern der Zentren eine wichtige Zukunftsperspektive. Wo es keine Ärzte mehr gibt, kommen auch die meist älteren Bewohner nicht gut zurecht. Der Mangel beschleunigt den Niedergang.

Die Landesregierungen in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz experimentieren mit den gleichen Gedanken – und wollen vor allem bei der Ausbildung ansetzen und finanzielle Anreize schaffen, damit jungen Ärzten die Entscheidung leichter fällt. Das ist ein erster Schritt, aber er wird das Problem nicht lösen, weil es für die Praxisanwärter um weit mehr geht als einen Job. Es geht um eine Lebensentscheidung. Niemand zieht gerne mit Partner und kleinen Kindern in eine Region, die nur noch von alten Menschen bevölkert ist, und das auch noch weit weg von den urbanen Zentren. Wo es keine Kinder mehr gibt, fehlen Schulen. Das soziale Leben ist reduziert. Reichen da 500 Euro mehr im Monat?

Wohl kaum. Eigentlich sind die Kassenärztlichen Vereinigungen gefordert. Sie sind zuständig für die Verteilung von Praxissitzen und müssen die Versorgung sicherstellen. Aber sie wirken überfordert. Daher wird der Staat die Sache regeln müssen. Das Modell Landarzt als Praxis eines selbstständigen Mediziners ist gerade dabei, am demografischen Wandel zu scheitern. Es wäre nützlich, schon heute darüber nachzudenken, welche Alternativen es gibt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Lauterbachs Gesetz führt zu Chaos
Kommentar zu den Folgen der Cannabis-Legalisierung Lauterbachs Gesetz führt zu Chaos
Zum Thema
Ende der Naivität
Kommentar zu russischer Spionage in Deutschland Ende der Naivität
Aus dem Ressort