FDP-Parteitag in Duisburg Liberale träumen mit Lindner vom Wiederaufstieg

DUISBURG · Mit 99,7 Prozent der Stimmen hat die ums politische Überleben ringende NRW-FDP ihren Hoffnungsträger Christian Lindner zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl gewählt. "Mir läuft ein kleiner Schauer über den Rücken. Ich bin bis in die Haarspitzen motiviert", warb Lindner für ein neues Denken in der Politik. Das liberale Credo: Stabilität statt Schulden, Bildungsvielfalt statt Einheitsschulen, Industriepolitik statt Blockaden.

Die 396 FDP-Delegierten feierten den kämpferischen Auftritt von Lindner, der die liberale Schrumpfkur innerhalb von sechs Wochen beenden muss. Der 33-Jährige empfahl der Partei, bis zum Wahlsonntag am 13. Mai keine Umfragen mehr zu lesen. Derzeit liegen die Liberalen knapp unter der Fünf-Prozent-Hürde in NRW.

Zumindest in der FDP zieht der "Lindner-Effekt". Die "letzte Patrone der Liberalen" kündigte eine Richtungswahl an und kritisierte die Ausgabenpolitik der Konkurrenz. Die FDP sei die einzige Partei, die sparen wolle. Dabei räumte Lindner auch eine Selbstkorrektur der Liberalen ein: Steuersenkungen müssen warten, der Schuldenabbau hat Vorrang. Das klang in der FDP-Führung lange Zeit anders.

Beim Generalangriff ließ Lindner kein gutes Haar an den anderen Parteien. Die CDU mache sich hübsch für die lange bekämpften Grünen, die SPD könne nicht mit Geld umgehen, die Grünen blockierten die Industrie - und die Piratenpartei hält der Liberale für eine Art Linkspartei mit Internet-Anschluss. Öffentliche Häme über die "eiskalte" FDP-Politik im Fall Schlecker wies Lindner zurück. "Ist es sozial, mit Steuergeld Transfergesellschaften zu fördern, durch die das Insolvenzgeld geschont wird und nur die Banken profitieren?"

In Duisburg träumt die FDP vom Wiederaufstieg. Lindner soll als Phönix aus der Asche einen neuen politischen Frühling einleiten. Noch-FDP-Landeschef Daniel Bahr fiel beim Applaus deutlich ab. "Die FDP wird gebraucht, weil sie als einzige Partei unangenehme Wahrheiten ausspricht", warb Bahr für ein Signal an Berlin. Dass Bahr als Bundesminister für das Debakel im Bund mitverantwortlich ist, blieb ungesagt. Der Beifall war dünn. Die Episode Bahr ist ohnehin bald vorbei. Anfang Mai wird Lindner auch FDP-Landeschef werden.

Auf die FDP-Landesliste wählten die liberalen Delegierten die Politiker Papke, Freimuth, Orth, Witzel, Abruszat, Brockes, Rasche, FDP-Generalsekretär Stamp, Hafke, Wolf und Gebauer.

Motto des liberalen Wahlkampfs wird der Slogan: "Das ist meine FDP". In der Kampagne setzen die Liberalen auf Parolen wie "Lieber Gegenwind als Kuschelkurs". Spitzenkandidat Lindner will verloren gegangenes Vertrauen der Bürger mit einer Mischung aus Selbstbewusstsein und Bescheidenheit zurück gewinnen. "Ich bin mir als junger Mann der Verantwortung bewusst", gewährte Lindner Einblick in seine Gemütslage am Abgrund. "Ich habe zwei Jahre Berliner Luft geschnuppert. Jetzt bin ich wieder zu Hause in NRW."

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