Dreikönigstreffen der FDP Lindner ist bereit bei Regierung ohne Merkel

Stuttgart · FDP-Parteichef Christian Lindner nimmt sich beim Dreikönigstreffen in Stuttgart das Wahljahr 2019 vor und bringt eine Regierungsbeteiligung für die Liberalen ins Spiel.

 Lief sich für die Wahlkämpfe warm: Christian Lindner.

Lief sich für die Wahlkämpfe warm: Christian Lindner.

Foto: dpa

Frauenproblem? Hat die FDP offensichtlich nicht, zumindest bei der Besetzung ihrer Bühne beim liberalen Dreikönigstreffen in Stuttgart. Sieben Männer und neun Frauen haben dort Platz genommen, um im Hintergrund der Redner ein nettes Familientreffen zu inszenieren. Links die Wahlkämpfer dieses Jahres wie Lencke Steiner in Bremen. Rechts die Gründe für Frauen-Optimismus. Anita Maaß sitzt da, die mit 79 Prozent als Bürgermeisterin im sächsischen Lommatzsch wiedergewählt wurde. Und Lilith Schieweg, in der vergangenen Woche 18 Jahre alt geworden und jüngstes Neumitglied der Südwest-FDP.

Dazwischen sitzen in der Stuttgarter Staatsoper die Redner, und da ist das Geschlechterverhältnis wieder eher herkömmlich. Drei zu eins. Die beiden Gastgeber eröffnen, dann kommt die Generalsekretärin Nicola Beer, als designierte Europa-Spitzenkandidatin mit größeren Redeanteilen ausgestattet. Und doch sind die drei eher die Vorgruppe für denjenigen, der nach wie vor und unangefochten die liberale Richtung vorgibt: Parteichef Christian Lindner kann einen Tag vor seinem 40. Geburtstag mit Grund zu Optimismus das politische Jahr für die FDP eröffnen.

Er tut es, wie er das alte beendet hat, mit einem kräftigen Schielen auf eine nach dem Auszug aus Jamaika doch noch verspätet regierende FDP. Wer ihr ein „faires Angebot“ mache, könne damit rechnen, dass die Liberalen jederzeit bereit seien, Verantwortung zu übernehmen, ruft er in den Saal. Zuvor ist er vor Kameras persönlicher geworden: „Wenn Frau Kramp-Karrenbauer und Herr Habeck auf uns zukommen, dann laufen wir nicht weg – wir laufen ihnen aber auch nicht hinterher“, lautete die Variante.

„Merkel-muss-weg“ gilt für Lindner immer noch

Eines gilt für ihn immer noch: Die „Merkel-muss-weg“-Bedingung. Er greift die Wechsel an der Spitze von CDU und CSU auf und meint, was dort richtig sei, könne an der Staatsspitze nicht falsch sein. Aber so richtig scheint auch Lindner selbst nicht an baldige Verhandlungen mit den Parteichefs von CDU und Grünen zu glauben, denn beiden knallt er eine heftige Breitseite vor den Bug.

Zwar nimmt er Kramp-Karrenbauer vor dem Vorwurf in Schutz, eine „Mini-Merkel“ zu sein. Das sei erstens ein Macho-Spruch und werde ihr zweitens nicht gerecht. Die Vorbehalte gegen die neue CDU-Chefin bündelt er in der Feststellung, wer die Ehe für alle in einen Satz packe mit Inzest und Polygamie, der sei nicht konservativ, sondern reaktionär. Und zu Habecks Konzept eines Garantieeinkommens sagt er, dass dies die arbeitende Bevölkerung 30 Milliarden Euro koste, ein „Verarmungsprogramm“ sei und die Strangulierung privater Investitionen bedeute.

Da läuft sich ein FDP-Chef offenbar für die nächsten Wahlkämpfe warm. Und dabei bekommt auch der Unions-Spitzenkandidat für die Europawahl, Manfred Weber (CSU), noch etwas ab. Er sei stolz, sagt Lindner, dass die FDP an der Seite von Emmanuel Macron in den Wahlkampf ziehe und nicht wie die Union an der Seite von Viktor Orban.

Programmatik für eine neue Umweltpolitik

Die AfD taucht bei Lindner nur am Rande auf. Indem er andere Politiker für den Umgang mit ihr kritisiert. Die Formulierung von SPD-Politiker Martin Schulz über den „Müllhaufen der Geschichte“ etwa. „Man macht die AfD nicht klein, indem man sich auf ihr Niveau herabbegibt“, lautet die Empfehlung von Lindner. Mit Gesetzesverschärfungen zu schnelleren Abschiebungen kommen zu wollen, ist für den FDP-Chef ohne Effekt. „Das bringt nichts“, sagt er, und verweist auf ein Vollzugsdefizit. Wesentlich erfolgversprechende sei das Instrument der sicheren Herkunftsländer. 33 Staaten hätten eine Anerkennungsquote von unter fünf Prozent, davon wolle die Bundesregierung gerade einmal fünf angehen, aber auch das werde noch von den Grünen im Bundesrat blockiert. „Wie viele Bälle will man den Rechtsparteien noch zuschieben, weil die etablierten Parteien die Probleme nicht lösen?“ Auch dafür erntet Lindner lebhaften Applaus.

Zwei Lösungsansätze dekliniert Lindner selbst durch, indem er einerseits eine „Agenda für die Fleißigen“ aufsetzt und dabei mehr Flexibilität bei Rente und Hinzuverdiensten darstellt und sie mit einer „Agenda der Selbstbestimmung“ ergänzt und dabei auch die Gehaltsunterschiede bei Männern und Frauen thematisiert. Die Schlussphase der 2019er FDP-Programmatik gehört einer neuen Umweltpolitik, für die die FDP die Kräfte des Marktes einsetzen will. Und auch damit hat er den Ton seiner Anhänger getroffen. Sie springen von den Sitzen auf. Und Lindner nimmt die Zuhörer auf der Bühne rechts und links in die Arme. Er war zwar der alles beherrschende Stürmer, aber danach bemüht er sich um eine Art Mannschaftsfoto.

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