Kommentar zu einer zweiten Amtszeit von Joachim Gauck Lust und Last
Meinung | Berlin · Joachim Gauck will sich in den nächsten zwei Monaten äußern, ob er im kommenden Frühjahr im Alter von 77 Jahren eine weitere Amtszeit als Bundespräsident einlegen möchte.
Wird er? Oder wird er nicht? Bundeskanzlerin Angela Merkel hat jetzt gesagt, sie würde sich über eine zweite Amtszeit von Joachim Gauck als Bundespräsident freuen. Das ist ein Wort, weil Merkel 2012 vom Vorsitzenden ihres damaligen Koalitionspartners FDP, Philipp Rösler, bei der Wahl des Bundespräsidenten-Kandidaten brüskiert worden war. Rösler hatte Merkel, die Ex-Bundesumweltminister Klaus Töpfer favorisierte, den evangelischen Theologen Gauck gewissermaßen vor die Nase gesetzt und damit beinahe einen Koalitionsbruch riskiert.
Gauck ist sowohl als Persönlichkeit wie auch per Definition seines Amtes als Bundespräsident unabhängig von der Kanzlerin. Der frühere DDR-Bürgerrechtler hat mehrfach demonstriert, dass er sich von Kriterien der Tagespolitik im höchsten Staatsamt nicht beeinflussen lässt. Beispielhaft dafür steht Gaucks Türkei-Besuch 2014, als er dem damaligen Regierungschef Recep Tayyip Erdogan Demokratie-Defizite vorhielt. Das Russland des Wladimir Putin straft Gauck bis heute durch Abwesenheit. Und auch Saudi-Arabien, gleichfalls kein Menschenrechts-Musterland, hat der Bundespräsident bisher gemieden.
Gauck wird sich in den nächsten Monaten äußern, ob er im kommenden Frühjahr im Alter von dann 77 Jahren sich für weitere fünf Jahre die Aufgaben eines Bundespräsidenten zumuten kann und will. Es ist eine Entscheidung zwischen Lust und Last. Verzichtet Gauck, wird der Vorwahlkampf 2017 sehr früh eingeleitet. Die Parteien der großen Koalition wären dann gut damit beschäftigt, sich in Position zu bringen.