Terrorismus Maaßen: IS-Terror mit neuer Dimension

Berlin · Deutschland steht im Fadenkreuz des islamistischen Terrors. Der Verfassungsschutz warnt davor, die Geheimdienste im Kampf gegen Attentäter zu stark zu fesseln. Das dürfte manchen nicht passen.

 Nach Ansicht von Hans-Georg Maaßen verniedlicht der Begriff Terrormiliz die Gefahr.

Nach Ansicht von Hans-Georg Maaßen verniedlicht der Begriff Terrormiliz die Gefahr.

Foto: Soeren Stache

Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat angesichts einer neuen Dimension islamistischer Terrorgefahr für ausreichende Befugnisse der Geheimdienste geworben.

"Wenn der Dienst nur mit bescheidenen Befugnissen und Ressourcen ausgestattet wird, kann er auch nur bescheidene Leistungen erbringen", sagte Maaßen bei einer Veranstaltung des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV). Er begrüße, dass die Regierung in diesem Zusammenhang über eine Aufstockung nachdenke.

Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) betonte bei dem Symposium zur Bedrohung durch die Terrormiliz Islamischer Staat, die Regierung werde sich dafür einsetzen, den internationalen Datenaustausch der Sicherheitsbehörden zu beschleunigen. Europa sei noch weit davon entfernt, dass vorhandene Daten in verantwortlicher Weise für die Behörden nutzbar gemacht werden könnten. In den nächsten Monaten solle ein besserer Informationsaustausch erreicht werden.

Derzeit gehen nach Angaben von Maaßen täglich bis zu vier Hinweise auf mögliche islamistische Attentate in Deutschland bei den Sicherheitsbehörden ein. Die Analysten stünden vor der schwierigen Aufgabe, "die Spreu vom Weizen zu trennen" und aus unspezifischen Informationen wertvolle Hinweise für den Kampf gegen den Terror zu machen. Mit derzeit 8650 Salafisten sei diese Glaubensrichtung die am dynamischsten wachsende in Deutschland. In diesem Bereich werde das Feld für mögliche terroristische Einzeltäter bereitet.

Maaßen warnte, an den Anschlägen in Paris und Brüssel seien dort aufgewachsene Islamisten, Rückkehrer aus Kriegsgebieten und angebliche Flüchtlinge beteiligt gewesen. Diese Verzahnung zeige das hochkomplexe Vorgehen islamistischer Terroristen in Europa. Mit Blick auf Deutschland sagte er: "Wir müssen künftig multiple Anschlagsszenarien einkalkulieren, durch mehrere Zellen, gegen verschiedene Ziele und möglicherweise über mehrere Tage."

Mehr als 800 Personen seien aus Deutschland in die Kampfgebiete in Syrien ausgereist, sagte Maaßen dem RBB-Inforadio. Derzeit gebe es aber keine Hinweise auf gefährliche Terrorzellen in Deutschland.

Kritik übte Maaßen am jüngsten Karlsruher Urteil zum BKA-Gesetz. Die höchsten deutschen Richter hatten entschieden, dass die umfangreichen Befugnisse des Bundeskriminalamts (BKA) zur Terrorabwehr zum Teil verfassungswidrig sind. Der Richterspruch sei für die Arbeit des BKA ausgesprochen schädlich, so Maaßen. "Dieses Urteil wird den vom global agierenden islamistischen Terrorismus ausgehenden Gefahren und der damit veränderten Sicherheitssituation in Deutschland nicht hinreichend gerecht." Es werde zudem den Austausch zwischen den internationalen Geheimdiensten nicht erleichtern.

Maaßen nannte es unfair, wenn nach den islamistischen Attentaten von Paris und Brüssel ein besserer internationaler Datenaustausch gefordert werde, es aber zugleich Kritik gebe, wenn dies auf Grundlage deutscher Gesetze geschehe. Jeder Informationsaustausch hänge davon ab, dass es überhaupt Informationen gebe. Die Befugnisse der Behörden dürften nicht skandalisiert werden, sondern müssten angesichts der Entwicklung der Lage angepasst werden, sonst gebe es ein Sicherheitsproblem, verlangte Maaßen.

Die Zusammenarbeit mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) habe sich unter dessen Präsidenten Gerhard Schindler erheblich verbessert, sagte Maaßen. Dennoch könne er die Ablösung Schindlers zum 1. Juli nachvollziehen. Dieser erreiche in weniger als eineinhalb Jahren die Pensionsgrenze. Daher sei es verständlich, wenn der Neuanfang beim BND mit einer "frischen Personalie" begleitet werden solle. Ein Misstrauen der Bundesregierung gegenüber Schindler oder den Geheimdiensten allgemein könne er dabei nicht erkennen.

Beim IS gehe es um Terrorismus als Teil einer asymmetrischen militärischen Auseinandersetzung, sagte der BfV-Präsident. Der IS gehe strategischer vor, als bisher von anderen Terrororganisationen bekannt. Aus diesem Grund plädierte Maaßen für eine stärkere internationale Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden.

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