"Wir sind Fans von Ihnen" Maaßen wird beim Auftritt in Köln von CDU bejubelt

Köln · Der frühere Verfassungsschutzpräsident Georg Maaßen tritt bei der Werte-Union in Köln auf. Konservative CDUler feiern ihn als Aufrechten.

Besucher, die begeistert klatschen und sich nach der Rede erheben, viele Menschen, die sich gern mit ihm fotografieren lassen und junge Leute, die mit den Worten auf ihn zugehen: „Wir sind Fans von Ihnen!“ Ob sich Hans-Georg Maaßen das vorstellen konnte, als er vor gut hundert Tagen als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz entlassen wurde? Damals hörte er auf, für den Bestand der Demokratie Informationen zu sammeln. Nun sammelt er wieder: Fans.

„Menschlich enttäuscht“ sei er von ihm, hatte Innenminister Horst Seehofer zu Protokoll gegeben, als er Maaßen Anfang November in den einstweiligen Ruhestand versetzte. Dabei hatte der CSU-Politiker über Wochen zu seinem Verfassungsschützer gehalten, wollte ihn gar zum Staatssekretär befördern, während wegen Maaßens Zweifeln an „Hetzjagden“ in Chemnitz und der Echtheit eines Videos das Koalitionsgebälk arg ins Knirschen geriet. Aber als er bei einem Abschiedstreffen unter Nachrichtendienstlern die Versuche, ihn wegzukriegen, „linksradikalen Kräften in der SPD“ zuschrieb, zog Seehofer seine schützende Hand von ihm.

Nun steht er im Tagungssaal des Steigenberger Hotels in Köln und spricht ebenfalls das Menschliche an. Er erzählt, wie ihm in diesen turbulenten Zeiten „viele“ Politiker unter vier oder sechs Augen versichert hätten: „Herr Maaßen, das haben Sie richtig gemacht.“ Nur öffentlich hätten sie sich nicht an seine Seite stellen wollen. „Mir fehlte das nicht als Mensch“, sagt Maaßen, und fährt fort: „Mir fehlte das als Demokrat.“ Hundert Tage später haben sich seine Sorgen vergrößert. Er sehe eine „langsam fortschreitende Erosion unserer Demokratie“, sagt er.

Sechs Beobachtungen beunruhigen ihn besonders: Die Polarisierung in der Gesellschaft, die Angst, seine Meinung zu äußern, ohne als „rechts“ abgestempelt zu werden, die Vertrauenskrise der Medien, die Entfremdung der Politik vom Volk, die Weltfremdheit etwa in der Klimapolitik und vor allem die fehlgeleitete Loyalität der Staatsdiener: „Ich bin der Meinung, dass die Loyalität gegenüber unserem Staat, unserer Verfassung und vor allem unseren Bürgern stärker sein muss als gegenüber einer Partei, auch gegenüber der CDU.“ Da reißt es die Zuhörer von den Sitzen. Auch oder gerade weil sie fast alle CDU-Mitglieder sind.

Es ist die konservative Werte-Union, die Maaßen eingeladen hat. Und er spricht den Besuchern aus dem Herzen. Ihre CDU, das ist die Partei der Wehrpflicht, die Partei der Kernenergie, die Partei der konservativen Werte. Sprich: die CDU vor Merkel. Vor allem ist es die CDU, die das Ausländerrecht so begriff, wie Maaßen es als junger Jurist aufgeschrieben hat: Als Mittel zur Begrenzung und Kontrolle der Zuwanderung. Als Maaßen diesen Zuhörern erzählt, was er empfand, als dieses, „sein“ Ausländerrecht 2015 verwendet wurde, um täglich Tausende in das Land zu lassen, da gibt es im Saal ein kollektives Empfinden. „Ich hatte Schüttelfrost“, sagt Maaßen. Eifriges Kopfnicken und „Genau“-Murmeln besagen: Es schüttelte und fröstelte damals viele andere auch.

Maaßen würdigt die von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer angesetzten Werkstattgespräche, bleibt indes skeptisch. Das Problem sei, wie die 230 000 Ausreisepflichtigen auch tatsächlich aus dem Land herauskämen. Maaßen bezweifelt, ob es gelingen könne, alle auch integrieren zu können, die gekommen seien. Vor allem habe Deutschland die Migration „immer noch nicht im Griff“. Täglich kämen weiterhin Hunderte aus sicheren Drittstaaten. Die in diesem Zusammenhang verwendeten Argumente mit dem Europarecht hält er schlicht für „Nebelkerzen“. Als die Werte-Union das CDU-Mitglied einlädt, bei ihr mitzumachen, da lächelt er nur. Aber er sagt auch, demnächst wohl wieder weniger Freizeit zu haben.

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