Regel-Diskussion zum Schulstart „Maske im Unterricht ist fragwürdig“

Düsseldorf · Der Verband der Kinder- und Jugendärzte in NRW hält die Ansteckungsgefahr in Schulen für sehr gering. Das Tragen von Masken sei bei der Hitze nicht ideal für die Gesundheit. Die Regeln müssten bald wieder auf den Prüfstand.

 Der Verband der Kinder- und Jugendärzte in NRW hält die Ansteckungsgefahr in Schulen für sehr gering.

Der Verband der Kinder- und Jugendärzte in NRW hält die Ansteckungsgefahr in Schulen für sehr gering.

Foto: dpa/Marijan Murat

Nach Monaten eingeschränkten Betriebs und den Sommerferien beginnt am Mittwoch in NRW wieder die Schule – aber unter besonderen Vorzeichen. Schüler müssen vorerst bis zum 31. August auf dem Pausenhof und in den Gängen, ab der fünften Klasse auch im Unterricht, Masken tragen. Lehrer dürfen sich freiwillig alle zwei Wochen auf das Coronavirus testen lassen. Dazu kommen die üblichen Abstands- und Hygieneregeln.

Bisher gelten diese strengen Bestimmungen nur in NRW. Dieser Flickenteppich führe zu Verunsicherung, kritisiert Wolfgang Kölfen, Vorsitzender des Verbands Leitender Kinder- und Jugendärzte und Kinderchirurgen Deutschlands (VLKKD) in NRW und Chefarzt an der Klinik für Kinder und Jugendliche der Städtischen Kliniken Mönchengladbach. Er hält die Maskenpflicht für zu weitreichend, sagt aber auch: „Wenn das der Preis ist, Schule in Gang zu bringen, dann muss man das für eine kurze Zeit akzeptieren.“

Kölfen sieht im Maskentragen sowohl auf dem Schulgelände als auch im Unterricht eher einen symbolischen Wert als einen medizinischen Nutzen. Aus der aktuellen Studienlage ließe sich nicht ableiten, dass Kinder das Virus stärker verbreiten, eher würden sie sich im Vergleich zu Erwachsenen seltener infizieren.

„Die Gefahr, dass Lehrer sich bei ihren Schülern anstecken, ist geringer als beim Einkaufen gehen“, sagt Kölfen. Auch die Krankheitsverläufe bei Kindern seien leichter, weil deren Immunsystem anderes reagiere – selbst, wenn die Wissenschaft dies noch nicht ganz verstehe. Damit könne man Eltern grundsätzlich die Sorge nehmen, dass ihre Schützlinge nun Gefahr laufen, sich sofort in der Schule zu infizieren.

Bei der Maske ist Kölfen zwiegespalten. Sie suggeriere möglicherweise eine trügerische Sicherheit. Zudem sei es gesundheitlich nicht unbedenklich, wenn die Kinder bei der derzeitigen Hitze stundenlang eine Maske tragen müssten. „Viele vergessen damit vielleicht zu trinken“, sagt der Mediziner. „Und wenn sie gemeinsam das Schulgelände verlassen, nehmen sie die Maske sowieso sofort wieder ab.“

Vermehrte Pausenzeiten von Masken während Hitzeperiode

Unterstützung bekommt der Mediziner von der Chefin des Ärzteverbandes Marburger Bund. Susanne Johna kritisiert die Maskenpflicht im Unterricht als überflüssige Behinderung. Sinnvoll sei die Maske nur dann, wenn es eng werde, etwa beim Verlassen der Klasse, vor dem Schulkiosk oder auf dem Pausenhof. Das Schulministerium argumentiert dagegen, dass das Tragen von Masken ein Baustein sei, um Risikogruppen zu schützen und zur Eindämmung der Ausbreitung des Virus beizutragen. Für bestimmte Unterrichtseinheiten, etwa Prüfungen, könne auch davon abgesehen werden.

Die Landesschülerinnenvertretung (LSV) NRW plädiert angesichts der Hitze für vermehrte Pausenzeiten von den Masken. Zwar sei die Maskenpflicht „unabdingbar für die Aufnahme des Präsenzunterrichts“, es brauche aber kreative Lösungen, was dessen Umsetzung angehe. So könnte etwa mehr Unterricht im Freien stattfinden. Zudem fordert die LSV, dass das Schulministerium ausreichend Masken zur Verfügung stellt, um Schüler und Eltern bei den Kosten zu entlasten.

Im Fokus der LSV stehen auch die Lehrer. Sie sollten ebenfalls Masken im Unterricht tragen – ansonsten könnten sie wegen der ständigen Kurswechsel zu „Superspreadern an Schulen werden“, heißt es seitens der LSV. Mediziner Kölfen dagegen betont, dass Schuldzuweisungen gegenüber den Lehrern fehl am Platz seien. „Die Lehrkräfte dürfen nicht dafür verantwortlich gemacht werden, wenn Kinder sich in der Schule infizieren“, sagt er.

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