Waffen für den Nordirak Mehr als Schutzwesten und Nachtsichtgeräte

BERLIN · Am Sonntag will die Bundesregierung entscheiden, mit welchen Waffen sie den Kampf der Kurden im Nordirak unterstützt.

 Im Bundeswehr-Materiallager Waren (Mecklenburg-Vorpommern) wird seit einigen Tagen eine Hilfslieferung für die kurdischen Streitkräfte im Irak zusammengestellt.

Im Bundeswehr-Materiallager Waren (Mecklenburg-Vorpommern) wird seit einigen Tagen eine Hilfslieferung für die kurdischen Streitkräfte im Irak zusammengestellt.

Foto: dpa

Angela Merkel hat in dieser Woche einen schönen Satz gesagt. Einfach und genauso einleuchtend: "Wenn ich nicht fertig gedacht habe, kann ich nicht entscheiden." Damit gewährte die Bundeskanzlerin bei einer viel beachteten Veranstaltung im Berliner Ensemble einen Einblick in ihre Art der Entscheidungsfindung, die ihr immer wieder auch als zögerlich ausgelegt wird. Am Sonntagabend, so der bisherige Zeitplan, wenn die Parteizentralen in Berlin vollauf mit der Deutung des Ergebnisses der Landtagswahl in Sachsen beschäftigt sind, will Merkel entscheiden. In einer brisanten Angelegenheit: deutsche Waffen für Kurden im Nordirak.

Merkel versammelt dazu ihre zuständigen Minister: Sigmar Gabriel (Wirtschaft), Frank-Walter Steinmeier (Auswärtiges), Ursula von der Leyen (Verteidigung), Wolfgang Schäuble (Finanzen) und Gerd Müller (Entwicklung). Knapp zwei Wochen, nachdem die Bundesregierung ihre Bereitschaft zur Waffen- und Ausrüstungshilfe für die Kurden hat erkennen lassen, soll die Ministerrunde mit Kanzlerin dann die Liste möglicher Waffen und Militärgüter durchgehen, die aus Bundeswehrbeständen nach Nordirak abgegeben werden könnten.

Neben Schutzwesten und Nachtsichtgeräten, die Deutschland liefern könnte, haben die kurdischen Peschmerga schon ihr Interesse an panzerbrechenden Waffen wie der Panzerabwehrrakete "Milan" geäußert, um den Vormarsch der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) zurückzuschlagen und deren Morden zu stoppen.

Grundsatzreden für mehr deutsche Verantwortung in der Welt, wie sie Bundespräsident Joachim Gauck, Außenminister Steinmeier und Verteidigungsministerin von der Leyen bei der Münchner Sicherheitskonferenz gehalten haben, kommen nun auf den Prüfstand. Was kann und will Deutschland wirklich, wenn es um militärische Hilfe in einer Notsituation gefragt wird? "Generell gilt: Wenn sich ein Völkermord nur mit deutschen Waffen verhindern lässt, dann müssen wir helfen", erklärte sich von der Leyen noch Mitte August.

Steinmeier hatte schon vorher gesagt, Deutschland sei "zu groß", um "Weltpolitik nur von der Seitenlinie zu kommentieren". Merkel ließ von der Leyen und Steinmeier über Monate machen. Jetzt ist die deutsche Regierungschefin selbst gefragt, weil der "Islamische Staat" Fakten schafft, die Deutschland, Europa und den Westen nicht kaltlassen und deren Folgen eines Tages auch europäische Hauptstädte treffen könnten.

Es ist eine Entscheidung von Tragweite, weil Deutschland damit auch eine Konfliktpartei und Region munitioniert, in der es letztlich keine Sicherheit gibt, in wessen Hände diese Waffen am Ende landen, wie nicht nur die Opposition befürchtet, sondern auch Mitglieder der Koalitionsfraktionen argwöhnen. Am Montag will Merkel vor dem Bundestag eine Regierungserklärung abgeben, in welchem Umfang die Bundeswehr die Peschmerga-Einheiten in ihrem Kampf gegen den "Islamischen Staat" aufrüstet.

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