Verhandlungen mit Athen Noch eine Tür offen

BERLIN · Es ist ernst. Angela Merkel will jetzt nicht spekulieren. Und Sigmar Gabriel will es auch nicht. Wer weiß, was die kommenden Tage noch bringen werden, welche Volten im Schuldenstreit mit dem Euro-Sorgenkind Nummer eins, mit Griechenland, noch möglich sind.

Die Bundeskanzlerin und der Bundeswirtschaftsminister haben soeben die Partei- und Fraktionschefs der im Bundestag vertretenen Parteien über die Lage informiert. Natürlich gab es Nachfragen. Das Gespräch hat 45 Minuten länger gedauert als geplant.

Doch Merkel will den Lauf der Geschichte nicht noch mit Spekulationen belasten. Sie will "mündigen Bürgern eines stolzen griechischen Volkes" selbstredend keine Empfehlung geben, wie die Griechen am Sonntag über das von Ministerpräsident Alexis Tsipras angesetzte Referendum entscheiden sollen. Sie werde in dieser Woche weder nach Griechenland reisen, sagt sie und betont - rein technisch: "Im Zeitalter der modernen Medien kommen unsere Worte gut an." Sie sehe derzeit auch "keinen zwingenden Grund" für einen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs. Nur so viel: "Es geht um das Ja oder Nein zum Verbleib in der Eurozone", wie Vize-Kanzler Gabriel noch betont. Immerhin: Die Fraktionen tagen in Sondersitzungen. Und: Die drohende Staatspleite Griechenlands und das bevorstehende Referendum mit der Empfehlung von Tsipras an seine Landsleute, die europäischen Vorschläge für ein Reform- und Sparpaket abzulehnen, schaffen es morgen kurzfristig auf die Tagesordnung des Bundestages: Debatte über Griechenland.

Merkel und Gabriel machen beide klar, dass Prinzipien in der Euro-Zone einzuhalten seien, falls nicht, "dann scheitert der Euro", so die Bundeskanzlerin. Und auch Bestrebungen der griechischen Regierung, Bedingungen im Euro-Raum "generell" in Frage zu stellen oder die "zumindest das Recht haben will, sich nicht an diese zu halten", könne man nicht durchgehen lassen. "Europa kann nicht dauerhaft bedingungslose Finanzhilfen geben", so Gabriel. Der SPD-Chef listet noch einmal Beispiele auf, wie sehr Europa der griechischen Regierung entgegengekommen sei. So habe man sich bereit erklärt, die Ziele für den Primärüberschuss zu senken, auf die Mehrwertsteuer auf Medikamente zu verzichten und so soziale Härten abzumildern.

Die Volksabstimmung sei "absolut legitim", betonen Merkel wie Gabriel. Aber man müsse leider auch sagen, dass die seit einem Jahr amtierende Linksregierung in Athen "politisch, man kann sagen ideologisch eine andere Eurozone" wolle. Die Regierung habe keine eigenen Reformen einleiten wollen, sondern habe "Hilfe ohne Gegenleistung" gewollt, kritisiert Gabriel. Merkel will die Tür für Tsipras trotzdem nicht zuschlagen. Auch nach Auslaufen des zweiten Hilfsprogrammes werde man sich einer Bitte Athens, neue Verhandlungen aufzunehmen, nicht verschließen. Aber bitte, die deutsche Regierungschefin will wirklich "keinerlei Spekulationen, was heute in einer Woche stattfindet". Merkel will wegen des möglichen Grexits keine Unruhe aufkommen lassen. Europa sei heute mit Rettungsschirmen, Fiskalpakt und Bankenunion sehr viel besser als noch vor Jahren für eine solche "krisenhafte Situation" gerüstet. Wie hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor Wochen zum Auslaufen des zweiten Griechenland-Hilfsprogrammes heute, Schlag Mitternacht, mit einem Gruß nach Athen gesagt: Dann "isch over."

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