Impfaktion kommt auf Touren Nordrhein-Westfalen erwartet die Lieferung zehntausender Impfdosen

Düsseldorf · Die beispiellose Corona-Impfaktion läuft jetzt in großem Stil an. Allein bis Jahresende erwartet Nordrhein-Westfalen die Lieferung zehntausender Impfdosen. Gesundheitsminister Laumann appelliert an die Impfbereitschaft der Menschen.

 Der Auftakt der Impfaktion sei geglückt, sagte Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein.

Der Auftakt der Impfaktion sei geglückt, sagte Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein.

Foto: dpa/Guido Kirchner

Nach einem Start mit rund 9500 Impfungen kommt die große Corona-Impfaktion in Nordrhein-Westfalen jetzt auf Touren. Weitere Tausende Impfdosen trafen nach Angaben des Gesundheitsministeriums am Montag in NRW ein. Die nach dpa-Informationen knapp 132.000 Impfdosen wurden für den Weitertransport vorbereitet und sollen am Dienstag verteilt werden. Insgesamt erwartet das Land bis Jahresende mehr als 270.000 Impfdosen. Die Impfungen in NRW seien gut angelaufen, hieß es aus dem Gesundheitsministerium. Probleme seien nicht bekannt. Auch zu möglichen gesundheitlichen Nebenwirkungen lägen bislang keine Erkenntnisse vor.

Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) rief die Menschen eindringlich dazu auf, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Der Impfstoff sei die einzige Möglichkeit, „dieses verdammte Virus“ so im Zaum zu halten, „dass wir vielleicht so im Herbst nächsten Jahres wieder leben können, wie wir gelebt haben“, sagte Laumann am Montag im Hörfunksender WDR 2. „Ich finde keine Argumente, die dagegen sprechen, sich mit dem Impfstoff in der jetzigen Situation impfen zu lassen.“

Zum Start der Impfaktion waren in NRW am Sonntag rund 9500 Menschen in mehr als 80 Pflegeeinrichtungen geimpft worden, wie die beiden Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) Nordrhein und Westfalen-Lippe am Montag mitteilten. Geimpft wurden demnach sowohl Bewohner der Senioren- und Pflegeeinrichtungen als auch deren Mitarbeiter. Am Samstag waren vor dem bundesweiten Impfstart zunächst 9750 Impfdosen in NRW gleichmäßig auf die 53 Kreise und kreisfreien Städte verteilt worden. Die Zahl war vergleichsweise gering, weil zum Start alle EU-Staaten und auch die Bundesländer gleich viel Impfstoff bekamen.

Vereinzelt konnten mit dem Impfstoff sogar mehr Personen als geplant geimpft werden, weil in den Injektionsfläschchen teilweise mehr Impfkomponenten abgefüllt waren als berechnet. So blieb in einer Altenpflegeeinrichtung in Moers nach der Impfung von 180 Bewohnern noch genug Material für weitere rund 50 Spritzen übrig. Der überschüssige Impfstoff wurde daraufhin am Montag dem Pflegepersonal des Intensiv- und Coronabereichs in einem Krankenhaus in Moers verabreicht, wie der Kreis Wesel mitteilte.

Der Auftakt der Impfaktion sei geglückt, sagte Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein. „Jetzt kommt es darauf an, dass in dieser und den kommenden Wochen größere Mengen an Impfstoff kommen, denn wir haben einen echten Impfmarathon vor uns.“ Die Mengen an Impfstoff sollten nach KV-Angaben reichen, um den Betrieb der 53 Impfzentren in NRW ab Januar schrittweise aufzunehmen. Die Terminvergabe für die Impfzentren unter der Telefon-Hotline 116 117 sei aber noch nicht gestartet, hieß es weiter. Die Menschen würden über den Beginn informiert.

Derzeit werde in Pflegeheimen und parallel dazu Krankenhauspersonal geimpft, das direkt mit Covid-19-Patienten Kontakt habe, sagte Minister Laumann. Danach seien alle anderen an der Reihe, die 80 Jahre alt oder älter sind. Laumann appellierte an Nachbarn und Verwandte, den alten Menschen zu helfen, die Impfzentren aufzusuchen. Erneut verwies er darauf, dass die Menschen über 80 Jahre per Brief zu den Impfungen eingeladen würden und sich erst dann einen Termin im örtlichen Impfzentrum holen könnten. In NRW gibt es rund 1,2 Millionen Menschen über 80 Jahre. Pflegebedürftige Menschen, die zu Hause lebten, würden durch Hausärzte geimpft, kämen aber erst später an die Reihe, wenn der Moderna-Impfstoff zugelassen sei, sagte Laumann.

Auch am Montag gingen in NRW die Impfungen in den Pflegeeinrichtungen weiter. Im Kreis Paderborn wurden Bewohner und Mitarbeiter in zwei Einrichtungen geimpft. Die Impfdosen stammten noch aus der ersten Charge. Die Pflegeheime konnten den Liefertermin frei wählen. „Die Heime können und sollten jetzt umgehend bestellen. Für sie ist genug Impfstoff da“, sagte Gregor Haunerland von der Kassenärztlichen Vereinigung in Paderborn. „Je schneller wir mit den Heimen durch sind, desto eher können wir die Gesamtbevölkerung impfen.“

Die Lage in der Corona-Pandemie bleibt in NRW angespannt. Die sogenannte Wocheninzidenz lag dem Robert Koch-Institut zufolge am Montag bei 147,3 und damit in etwa gleich hoch wie vor einem Monat. Damit ist gemeint, dass sich rund 147 Menschen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen mit dem Coronavirus infiziert haben. Der Bundesschnitt liegt bei 157,8. Im Kampf gegen die Pandemie wird ein Wert von unter 50 angestrebt.

In NRW meldeten die Gesundheitsämter binnen 24 Stunden zuletzt 2382 Neuinfektionen. 102 Todesfälle kamen hinzu, damit stieg die Zahl der an oder mit dem Virus verstorbenen Menschen in NRW auf 6066 - binnen eines Monats hat sich dieser Wert fast verdoppelt.

Die NRW-Krankenhäuser forderten unterdessen einen Corona-Ausgleich auch für das Jahr 2021. Der Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, Jochen Brink, erklärte, ohne einen Ausgleich für die für das Jahr 2021 in Folge der Corona-Pandemie erwarteten Erlöseinbußen steuerten viele Kliniken auf Verluste zu und müssten mit Sparmaßnahmen gegensteuern. „Liquiditätslücken dürfen nicht zu Versorgungslücken werden“, sagte Brink. Schon jetzt könnten einzelne Krankenhäuser keine Patienten mehr aufnehmen.

(dpa)
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