Personaldebatte um Bornheimer NRW-Chef Hartmann erhält Gegenwind in der SPD

Düsseldorf · NRW-SPD-Chef Sebastian Hartmann aus Bornheim erhält Gegenwind aus der eigenen Partei: "Die wahre SPD" stemmt sich gegen Linksruck. Es handelt sich um eine Gruppe, welche die Partei in der Mitte halten will.

Vier Stunden hatten die SPD-Gesandten in der Oberhausener Luise-Albertz-Halle am Pfingstsamstag schon getagt. Fast 40 Wortmeldungen gab es – die rund 120 Delegierten und Unterbezirksvorsitzenden beteiligten sich rege an den Diskussionen über den künftigen Kurs der NRW-SPD, wie Teilnehmer berichten. Nur einer habe geschwiegen.

Einer, der dafür jenseits der Konferenz umso lauter von sich reden macht: Michael Groschek. Der frühere Landesvorsitzende und Ex-Verkehrsminister rief lieber die Initiative „Die wahre SPD“ aus: „Uns eint der Wille zu verhindern, dass auf dem nächsten Bundesparteitag nur über Linksaußen gestürmt wird.“ Der Linksruck seiner Partei gehe zu weit. Zusammen mit dem früheren Unterbezirksvorsitzenden Hartmut Schmidt, Oberhausener wie Groschek, bringt „Die wahre SPD“ inzwischen eine Truppe zusammen, die eine Mission hat: die SPD in der politischen Mitte zu halten.

Die Initiative kommt für die Partei zur Unzeit. Nach der verlorenen Europawahl und Andrea Nahles‘ Rücktritt vom Partei- und Fraktionsvorsitz herrscht Unsicherheit auf allen Ebenen. Eine inhaltliche Spaltung des größten und einflussreichsten Landesverbandes würde NRW-Chef Sebastian Hartmanns Autorität infrage stellen und die Lähmung der Partei noch verschlimmern.

Bisher gibt Hartmann sich gelassen, wie aus Parteikreisen verlautete. Es sei unsinnig, Debatten zu führen, wie weit die Partei nach links oder rechts rücken solle. Anstatt sich bei anderen anzulehnen, müsse die SPD endlich ihr eigenes Profil weiterentwickeln und bei Themen wie Rente, Wohnung und Zukunft der Arbeit eigene Punkte setzen. Doch zurzeit sieht es nicht so aus, als würden sich die Altvorderen um Groschek, inzwischen Lobbyist bei einem Wohnungsverband, davon überzeugen lassen. Auch Bürgermeister wie Tim Kurzbach aus Solingen, Tim Kähler aus Herford oder Michael Heidinger aus Dinslaken zählen inzwischen zu Groscheks Gefolge.

Dass so viele Bürgermeister dabei sind, ist kein Zufall: Nächstes Jahr im Herbst finden Kommunalwahlen statt. Die Sozialdemokraten verbanden damit bisher Hoffnungen auf ein Comeback. Das kann aber aus Sicht der Kommunalen nur gelingen, wenn die SPD pragmatisch und berechenbar bleibt.

Zu Groscheks Getreuen gehören aber auch die früheren NRW-Wirtschaftsminister Ernst Schwanhold und Harald Schartau. Als Ex- Arbeitsdirektor beim Stahlunternehmen Georgsmarienhütte könne Schartau ermessen, welchen Schaden Juso-Chef Kevin Kühnert mit seinen Äußerungen zur Enteignung von BMW bei den traditionell der SPD zugeneigten Belegschaften der deutschen Industriekonzerne anrichtete, heißt es. Zwar scheut sich Groschek bisher, Kühnert öffentlich direkt anzugreifen. Er mokierte sich aber über die jüngste Titelgeschichte des Magazins „Der Spiegel“, die Kühnert auf dem Cover zeigt: „Mich befremdet aber, wenn Titelbilder zu Heiligenbildchen werden.“

Zugleich wirbt Groschek dem Vernehmen nach in Berlin um weitere Verstärkung. Erfolg hatte er offenbar bereits bei dem früheren Staatssekretär Gunther Adler, der seinerzeit für Ex-Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen seinen Posten räumen musste.

Groscheks Leuten behagt überdies nicht, dass auch die NRW-SPD weiter nach links gerückt ist: Hartmann und Fraktionschef Thomas Kutschaty waren die ersten bundesweit, die eine Hartz-IV-Reform ausriefen. Wie aus informierten Kreisen verlautete, hatte sich Kutschaty in diesem Zusammenhang auch mit Linken-Chef Dietmar Bartsch getroffen.

Dass nun auch noch der Mitbegründer der Linkspartei, Oskar Lafontaine, angeblich eine Vereinigung mit der SPD anstrebt, könne der „wahren SPD“ weiteren Zulauf verschaffen. Bis zum Bundesparteitag im Dezember, der über die Groko entscheiden soll, will die neue Gruppierung kräftig zur Meinungsbildung beitragen. Eine große Konferenz ist für September geplant.Für Hartmann werden die nächsten Wochen nicht leicht. Das steht bereits fest.

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