Debatte im Landtag NRW erwägt Impfung in Schwerpunktpraxen

Düsseldorf · Die Opposition hat im NRW-Landtag bei ihrer Kritik am Start der Impfterminvergabe die große Keule herausgeholt. Die Regierung wehrte sich und brachte dezentrale Impfungen ins Spiel.

 Eine Mitarbeiterin bereitet eine Corona-Impfung vor (Symbolfoto)

Eine Mitarbeiterin bereitet eine Corona-Impfung vor (Symbolfoto)

Foto: dpa/Gian Ehrenzeller

Corona-Schutzimpfungen in den Hausarzt-Praxen sind nach Worten des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministers Karl-Josef Laumann (CDU) aus Kapazitätsgründen vorerst nicht möglich. Mit nur 80.000 Dosen eines sehr schwer zu transportierenden Impfstoffs, die derzeit pro Woche in NRW zur Verfügung stünden, sei es nicht möglich, in die Hausarztpraxen zu gehen, bekräftigte Laumann am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde des Düsseldorfer Landtags.

Im Prinzip sei er natürlich auch für dezentrale Impfungen, sagte er zu entsprechenden Forderungen der Opposition. In den nächsten Tagen werde überlegt, ob das mit Impf-Bussen oder in „Schwerpunkt-Praxen“ möglich wäre.

Die Opposition nahm Laumann erneut wegen des holprigen Starts bei der Terminvergabe für Corona-Schutzimpfungen kräftig in die Zange. Der SPD-Abgeordnete Josef Neumann sprach von einem „Tiefpunkt der Pandemie-Politik in Nordrhein-Westfalen“. Zum Start der Terminvergabe waren am Montag die Anmelde-Webseiten und Hotlines zeitweise völlig überlastet.

Laumann habe mit dem Vergabesystem „ein technisches Monstrum“ akzeptiert und durchgesetzt, das an der Lebenswirklichkeit vorbei gehe, und „mit dem selbst Enkel nicht umgehen können“, kritisierte der SPD-Politiker. Dies sei „eine Respektlosigkeit gegenüber der älteren Generation im Land“. Auch die Grünen kritisierten einen frustrierenden, „verstolperten“ Start.

Der CDU-Abgeordnete Peter Preuß wehrte sich - wie zuvor Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) - gegen die aus ihrer Sicht überzogene Oppositionskritik. „Ihre Debatten über vermeintliches Chaos zerstören Vertrauen und treiben Menschen in die Arme von Populisten, die die ganze Situation kleinreden oder leugnen“, warnte Preuß.

Laumann nannte die Kritik von SPD und Grünen unseriös. Tatsache sei, dass es innerhalb weniger Tage rund 390.000 Terminvereinbarungen in NRW gegeben habe. Damit habe schon ein Drittel der Berechtigten ab 80 Jahre einen festen Termin bekommen.

NRW werde das erste Land sein, das voraussichtlich in wenigen Tagen vermelden könne, dass alle Willigen in den Altenheimen geimpft worden seien. Derzeit fehlten dort nur noch 31.000, sagte Laumann. „Dann sind wir durch. Das werden wir mit dem Impfstoff, der uns in der nächsten Woche zur Verfügung steht, locker machen können.“

Bei Überlegungen zu möglichen dezentralen Impfungen tendiere er zu Schwerpunktpraxen, sagte Laumann. Angesichts der begrenzten Impfstoffmenge und insgesamt rund 11.000 Hausarztpraxen in NRW, könne man sich zunächst nur auf Schwerpunktpraxen konzentrieren. Derzeit sei Impfstoff knapper als Gold.

Um das zu entscheiden, müsse aber vorher geklärt werden, wie die Arznei tatsächlich transportiert werden könne und für welche Bevölkerungsgruppen sie geeignet sei. „Dann will ich jetzt einfach mal am Wochenende wissen: Was steht im Beipackzettel von Astrazeneca?“, unterstrich Laumann. „Ich weiß es nicht.“ Von diesem in der EU noch nicht zugelassenen Impfstoff habe Deutschland relativ viel gebucht.

Der Grünen-Abgeordnete Mehrdad Mostofizadeh wandte ein, auch der derzeit überwiegend eingesetzte Impfstoff von Biontech/Pfizer wäre nach Auffassung vieler Hausärzte schon dezentral zu verwenden. Er appellierte zudem an die Regierung, dafür zu sorgen, dass Hunderttausende, die auf der Straße lebten, schlecht lesen oder hören könnten, ebenfalls ein Impfangebot erhielten.

Die FDP-Abgeordnete Susanne Schneider kritisierte, Deutschland hätte früher und massiver in Impfstoff-Bestellungen und den Aufbau von Produktionskapazitäten investieren müssen. Jetzt steige NRW in die Förderung ein. Die AfD positionierte sich gegen eine „direkte oder indirekte landesweite Impfpflicht“ und gegen „Privilegien für Geimpfte sowie Benachteiligungen für Nicht-Geimpfte“.

(dpa)
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