Kommentar zum Vorschlag für einen Kohle-Kompromiss NRW muss aufpassen

Meinung | Bonn · Weil der von Ronald Pofalla vorgeschlagene Kompromiss zum Ausstieg aus der Braunkohle allen wehtut, hat er beste Chancen, umgesetzt zu werden. Nordrhein-Westfalen muss sich darauf einstellen, kommentiert Raimund Neuß.

Ronald Pofalla weiß, wie man Kompromisse macht: Ein Konzept, mit dem niemand zufrieden ist, hat die besten Chancen auf Umsetzung. Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2035 oder spätestens 2038? Für die Umweltverbände ist das viel zu spät, für Energiekonzerne, Gewerkschafter und viele Regionalpolitiker viel zu früh.

Vermutlich hat Pofalla seinen Vorschlag durchsickern lassen, um genau dieses Ziel zu erreichen. Am Ende kann sich jeder Betroffene damit trösten, wie schmerzhaft der Kompromiss für die Gegenseite war.

Dabei äußert sich der große Verstromer RWE bemerkenswert differenziert. Zwar nennt er das Enddatum „nicht akzeptabel“, weist im Übrigen aber vor allem auf alle möglichen Voraussetzungen und Abhängigkeiten am Energiemarkt hin. Wohl wahr: Wenn innerhalb der nächsten 20 Jahre die Hälfte der bisherigen deutschen Stromproduktion (die aus Kernenergie und die aus Kohle) ersetzt werden soll, setzt das hohe Investitionen und unpopuläre Baumaßnahmen voraus.

Aber wem wäre mit weiteren sieben bis zehn Jahren Auslaufbetrieb bis 2045 geholfen? Wäre es nicht sogar von Vorteil, wenn die bisherigen Tagebauflächen ein Jahrzehnt früher als bisher angenommen für eine neue Nutzung zur Verfügung stünden? Vorausgesetzt natürlich, man weiß, was man dort unternehmen will.

Daran hapert es in NRW, daran hapert es noch mehr im Lausitzer Revier. Dort haben zwei Landesregierungen die Entwicklung komplett verschlafen, und das wird in Pofallas Vorschlag zynischerweise belohnt: Die Lausitz gilt als das große Problemgebiet, in das nun massiv öffentliche Gelder fließen müssen – vermutlich auch, um der AfD das Geschäft mit dem Volkszorn zu verderben. Das Land NRW muss aufpassen, dass seine Interessen nicht ganz vergessen werden.

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