NSU-Prozess: Zeuge verweigert Aussage

München · Im Münchner NSU-Prozess hat der Vorsitzende Richter am 100. Verhandlungstag erstmals einem Zeugen aus der rechtsextremen Szene Ordnungsmittel angedroht.

 Die Angeklagte Beate Zschäpe im Gerichtssaal in München. Foto: Peter Kneffel

Die Angeklagte Beate Zschäpe im Gerichtssaal in München. Foto: Peter Kneffel

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Der 44-jährige Chemnitzer hatte die mutmaßlichen Neonazi-Terroristen Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nach ihrem Untertauchen 1998 mehrere Wochen in seiner Wohnung versteckt und auch danach Kontakt zu ihnen gehalten.

Als Richter Manfred Götzl ihn am Dienstag nach seinen Verbindungen zum rechtsradikalen Netzwerk "Blood & Honour" fragte, verweigerte der Zeuge die Aussage. Götzl drohte daraufhin mit Ordnungshaft oder Ordnungsgeld. Die Verhandlung wurde schließlich unterbrochen, um zu klären, ob noch Ermittlungen gegen den Zeugen laufen. In diesem Fall könnte er die Aussage verweigern, um sich nicht selbst zu belasten.

"Wir werden dem nachgehen", sagte Götzl. "Sie werden wiederkommen müssen." Schon einige Male hatten Zeugen aus der rechten Szene im NSU-Prozess offensichtlich versucht, möglichst wenig zu sagen, oder größere Erinnerungslücken geltend gemacht.

Zschäpe ist vor dem Oberlandesgericht München wegen der Beteiligung an zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen angeklagt. Vier Mitangeklagte müssen sich wegen Unterstützung verantworten.

Die Vernehmung des Zeugen Thomas R. verlief stockend. Während seiner Aussage wechselten er und die Hauptangeklagte Zschäpe immer wieder Blicke. "Ich habe die irgendwann mal kennengelernt", sagte R. in Hinblick auf das Trio. "Wann - weiß ich nicht mehr." Irgendwann hätten die drei an seiner Tür geklingelt und gefragt, ob sie bei ihm schlafen können. "Die sind eines Tages zu mir gekommen, dann wieder weg, und das war's dann." Er habe noch ein bis zwei Jahre nach dem Abtauchen des Trios Kontakt gehalten.

Am Vormittag hatte ein Ex-Beamter des Thüringer Verfassungsschutzes ausgesagt, Zschäpe habe schon lange vor dem Abtauchen des Trios zu den zentralen Figuren der rechtsextremen Szene gehört. Der Beamte war V-Mann-Führer von Tino Brandt. Er schilderte Brandt als "überzeugten Neonazi", der nach der Kontaktaufnahme mit dem Verfassungsschutz zunächst unter einem "Verräterkomplex" gelitten habe.

Brandt spielte demnach auch eine wichtige Rolle, als die Behörde 1998 den Aufenthalt des Trios ermitteln wollte. Der Verfassungsschutz habe den V-Mann beauftragt, dem mutmaßlichen Unterstützer André Kapke ein mit Peilsendern präpariertes Auto "unterzujubeln". Das sei auch gelungen. Kapke sei dennoch misstrauisch gewesen und habe die Ermittler nicht zu Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt geführt.

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