Kommentar zu rechten Polizei-Netzwerken Nur keine Nachsicht

Meinung | Berlin · Noch ist es nur ein Verdacht: Aber die Vorstellung, in Polizeibehörden agierten gut organisierte rechte Netzwerke, die mühelos Melderegistereinträge abrufen können, muss alle Alarmglocken klingeln lassen, kommentiert Holger Möhle.

Kaum zu glauben. Ein Jahrzehnt zog die rechtsradikale Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) mordend durch Deutschland, ehe die Gruppe um Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe aufflog. Es folgte ein Mammutprozess vor dem Oberlandesgericht München mit lebenslanger Haftstrafe wegen zehnfachen Mordes gegen Zschäpe, die einzig noch Lebende des Terror-Trios.

Jetzt soll der rechte Terror in Kreisen der Frankfurter Polizei Nachahmer gefunden haben – als „NSU 2.0“. Es verschlägt einem die Sprache. Beamte, eigentlich Freund und Helfer, sollen tatsächlich versucht haben, in elektronischen Drohschreiben eine türkisch-stämmige Rechtsanwältin, die eine der Opfer-Familien im NSU-Prozess vertreten hatte, unter Druck zu setzen. Noch ist es nur ein Verdacht: Aber die Vorstellung, in Polizeibehörden agierten gut organisierte rechte Netzwerke, die mühelos Melderegistereinträge abrufen können, muss alle Alarmglocken klingeln lassen. In Frankfurt agitiert ein „NSU 2.0“. Aus Sachsen geben sich zwei SEK-Beamte den Decknamen „Uwe Böhnhardt“ – ausgerechnet bei ihrem Einsatz während des Staatsbesuches des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Alles nicht witzig, sondern abstoßend und Anlass für schonungslose interne Ermittlungen.

Polizisten, die sich um das Grundgesetz nicht scheren, sind eine Gefahr für jene freiheitlich-demokratische Ordnung, die sie schützen sollen. Es müssen jetzt schnell Ergebnisse her. Wie groß ist das Netzwerk wirklich? Und dabei muss vor allem eines gelten: Nur keine Nachsicht.

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