Für bessere Bedingungen in der Pflege Pflegebeauftragter warnt vor wachsender Personalnot

Berlin · Der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, hat davor gewarnt, dass die Personalnot in der Pflege größer wird, wenn sich Bezahlung und Arbeitsbedingungen nicht endlich verbessern.

 Andreas Westerfellhaus ist der Pflegebeauftragte der Bundesregierung.

Andreas Westerfellhaus ist der Pflegebeauftragte der Bundesregierung.

Foto: picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka

Der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, hat in einem dramatischen Appell davor gewarnt, dass die Personalnot in der Pflege größer wird, wenn sich Bezahlung und Arbeitsbedingungen nicht endlich verbessern. „Die Pflegekräfte sind zu Beginn der Corona-Krise hochgejubelt und für systemrelevant erklärt worden“ sagte Westerfellhaus unserer Redaktion. Es müsse sich jetzt dringend etwas an der Situation in der Pflege verbessern. „Schon jetzt gibt es sehr großes Unverständnis, dass aus der Anerkennung bisher zu wenige nachhaltige Taten erwachsen“, sagte der Pflegebeauftragte.

Bei den Pflegekräften nimmt er eine Stimmung wahr, wonach sie in der Corona-Zeit noch durchhalten wollten und sich dann einen anderen Job suchen würden. Westerfellhaus mahnte: „Wenn es jetzt nicht ein klares Signal gibt, dass sich etwas ändert an Tarifen und Löhnen sowie an den Arbeitsbedingungen, können wir nach der Pandemie in die Situation kommen, dass wir nicht über zusätzliche Auszubildende sprechen, sondern über eine weitere Abwanderung von Personal. Das wäre fatal.“

Der Pflegebeauftragte sieht für die Branche eine doppelte Gefahr: „Wir haben nicht nur bereits zu wenige Pflegekräfte, unter den aktuellen Umständen sind vor allem auch viele von ihnen nicht mehr bereit oder in der Lage, Vollzeit in diesem Beruf zu arbeiten.“ 21 Prozent der Jugendlichen könnten sich grundsätzlich vorstellen, in der Pflege zu arbeiten. Aber nur vier Prozent seien ernsthaft interessiert, betonte Westerfellhaus. „Abschreckend ist dabei offenbar vor allem die schlechte Bezahlung und wohl auch die oftmals suboptimalen Arbeitsbedingungen.“

Seit Jahren Diskussion um schlechte Arbeitsbedingungen

Über die schlechten Arbeitsbedingungen insbesondere in der Altenpflege wird seit Jahren diskutiert. Die Missstände und der Personalmangel sind offenkundig. Es bewegt sich aber wenig. Westerfellhaus hatte im Mai ein Fünf-Punkte-Programm vorgelegt, in dem er einen flächendeckenden Tarifvertrag auch für die Altenpflege fordert, bessere Arbeitszeitmodelle und eine „bedarfsgerechte Personalbemessung“. Zugleich forderte er, die Möglichkeiten der Digitalisierung auch in der Pflege zu nutzen und die Einrichtung von Pflegekammern in den Ländern inklusive einer Bundespflegekammer, die die Branche bei politischen Entscheidungen vertritt.

Erneut machte sich Westerfellhaus für mehr Kompetenzen für Pflegekräfte stark. Wichtig sei, dass die zusätzliche Selbstständigkeit in der Arbeit, die Pflegekräfte in der Corona-Zeit bekommen hätten, nicht zurückgenommen werde, betonte er. „Im Gegenteil: Pflegekräfte müssten künftig noch eigenständiger ihren Heilberuf ausüben können.“ In diesem Punkt pocht er auf Umsetzung des Koalitionsvertrags, wonach die  Aufgabenverteilung in den Gesundheitsberufen neu justiert werden müsse.

In den vergangenen Wochen gab es beim Pflegepersonal in den Krankenhäusern viel Unmut, dass nur eine Prämie für die Beschäftigten in der Altenpflege auf den Weg gebracht wurde. Westerfellhaus sieht da die Arbeitgeber in den Kliniken in der Pflicht: „Die Kliniken haben übrigens auch die Möglichkeit, solche Prämien zu zahlen. Seit dem Pflegepersonalstärkungsgesetz können Krankenhäuser Bonus-Zahlungen über das Pflege-Budget refinanzieren.“ Die Prämie sei ein Zeichen der Anerkennung.

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