Wissenschaft Plagiatsforscher: Hochschule nimmt von der Leyen in Schutz

Berlin · Fehler, aber keine Absicht: Das Urteil der Medizinischen Hochschule Hannover über die Doktorarbeit von der Leyens ist in der Wissenschaftsszene umstritten.

 Verteidigungsministerin von der Leyen während ihres Vortrags zur Flüchtlingskrise und zu Sicherheitsfragen an der Stanford-Universität.

Verteidigungsministerin von der Leyen während ihres Vortrags zur Flüchtlingskrise und zu Sicherheitsfragen an der Stanford-Universität.

Foto: Barbara Munker

Plagiatsforscher haben die Bestätigung des Doktortitels von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) scharf kritisiert.

Der Berliner Rechtsprofessor Gerhard Dannemann sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Entscheidung der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) würde vor Gericht keinen Bestand haben. Nach der bisherigen Rechtsprechung seien im Fall von der Leyen "alle objektiven Voraussetzungen für eine Täuschung" gegeben. Die Opposition hielt sich mit Kritik an der Entscheidung dagegen zurück.

Die MHH hatte am Mittwoch nach monatelanger Prüfung zwar 32 Plagiate in der 62-seitigen Doktorarbeit festgestellt, geht aber nicht von einer Täuschungsabsicht aus. Dannemann hält den Fall dagegen schwerwiegender als den der früheren Bildungsministerin Annette Schavan (CDU), die wegen einer Plagiatsaffäre zurücktreten musste.

Er warf der MHH vor, von der Leyen in Schutz zu nehmen. "Ich glaube, man hat sich gesagt: Wie kommen wir da jetzt raus, ohne die Hochschule zu beschädigen und ohne Frau von der Leyen zu beschädigen", sagte er. "Ich halte es für ganz fatal, wenn die wissenschaftliche Seite und die politische Seite nicht getrennt betrachtet werden können."

Der Rechtsprofessor an der Berliner Humboldt-Universität ist an der Internetseite "VroniPlag Wiki" beteiligt, die die Plagiatsaffäre um von der Leyen ins Rollen gebracht hat. Der Mitbegründer der Seite, Martin Heidingsfelder, forderte im Inforadio sogar den Rücktritt der Ministerin.

Die Grünen sehen dagegen keinen Grund, die Entscheidung der MHH anzuzweifeln. Bildungsexperte Kai Gehring nannte sie "nachvollziehbar". "Wir haben keinen Grund daran zu zweifeln, dass das zweistufige universitäre Prüfverfahren einwandfrei und sorgfältig vonstattengegangen ist." Fehler zu machen, sei menschlich. "Auch Frau von der Leyen ist nicht übermenschlich."

Linke-Chef Bernd Riexinger sagte der Online-Ausgabe der "Rheinischen Post", es bleibe ein Nachgeschmack. "Das Problem ist, dass es offenbar immer wieder Menschen gibt, die aufgrund ihrer privilegierten Herkunft denken, dass Regeln nur für die anderen gelten." Von der Leyen sei aber "mit dem Schrecken davongekommen".

Die für den Bereich Hochschulmedizin zuständige Vizepräsidentin der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Eleonore Weber, mahnte Maßnahmen an, um eine gute Qualität medizinischer Doktorarbeiten sicherzustellen. Dies könne erreicht werden, indem solche Promotionen "strukturierter" ablaufen, etwa in Promotionskollegs. "Derzeit befasst sich eine Arbeitsgruppe der HRK mit diesen Fragen", sagte Weber der dpa.

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