Wachpolizei Polizist im Schnelldurchgang
Berlin · Bundesinnenminister Thomas de Maizière will mit einer kurz ausgebildeten Wachpolizei das Sicherheitsgefühl stärken. In Sachsen stehen die ersten von ihnen bereits im Dienst.
Der Slogan versprach: „Verdächtig Gute Jobs“. 47 Kandidaten kamen durch. Und plötzlich sind sie Polizist. Weil in Sachsen, wie in zahlreichen anderen Bundesländern auch, Vollzugsbeamte fehlen, entschloss sich Innenminister Markus Ulbig (CDU) zu einer Neuerung. Ulbig lässt seit diesem Jahr geeignete Bewerber, die sich zum Grundgesetz bekennen, keine Vorstrafen haben und körperlich fit sind, in einem Schnelldurchlauf zum Wachpolizisten ausbilden.
Die ersten 47 von ihnen stehen nun seit Ende April im Dienst des Freistaates, weitere knapp 100 Anwärter durchlaufen derzeit die Schnellausbildung zum Wachpolizisten. Die Sicherheitslücke, die in Sachsen wegen eines radikalen Stellenabbaus bei der Polizei wegen zu geringer Steuereinnahmen ab 2013 entstanden war, muss geschlossen werden.
Statt einer ordentlichen Ausbildung von zweieinhalb Jahren dürfen in Sachsen die Anwärter dann bereits nach zwölf Wochen Crashkurs in den (Wach-)Polizeidienst. Ihr Job: Das Bewachen von Flüchtlingsheimen und der Schutz von Menschen, die hier auf ihre Anerkennung als Asylbewerber warten.
Sachsen hat sich nach zahlreichen Angriffen gegen Flüchtlingsunterkünfte in Freital, Bautzen, Clausnitz oder Heidenau einen unrühmlichen Ruf als Hort grassierender Fremdenfeindlichkeit erworben. Bundespräsident Joachim Gauck sprach bereits von einem „Dunkeldeutschland, gegen das die große Hilfsbereitschaft Zehntausender Menschen in der gesamten Republik stehe.
Nach dem Vorbild von Sachsen hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der seit Jahren in Dresden lebt, nun auch die Idee ins Gespräch gebracht, zum Schutz besonders belasteter Viertel auch sonst Wachpolizei aufzustellen, wie er zunächst der „Rheinischen Post“ anvertraute. Der Schutz der öffentlichen Ordnung und auch öffentlicher Plätze durch eine Wachpolizei nach dem Vorbild Sachsens sei „ein zukunftsweisendes Modell“, glaubt de Maizière.
Keine Wachpolizei in Nordrhein-Westfalen
In Nordrhein-Westfalen hält man von einer Wachpolizei mit nur drei Monaten Crashkurs und der Befugnis zum Einsatz von Waffen wenig. Eine Sprecherin des Landesinnenministeriums in Düsseldorf sagte gestern auf Anfrage, die Idee einer Wach- oder Hilfspolizei, wie sie de Maizière vorgeschlagen habe, sei „nicht zielführend“, weil der Polizeidienst insgesamt „anspruchsvoll“ sei.
Wer eine Waffe führe, müsse auch in der Lage sein, in einem Ernstfall die dafür nötigen Entscheidungen zu treffen. Nordrhein-Westfalen wolle „eine professionelle Polizei“ und halte dazu ein dreijähriges Fachhochschul-Studium für unerlässlich. NRW hat den mittleren Polizeidienst abgeschafft und bildet nur noch für den gehobenen Polizeidienst aus, wie das Landesinnenministerium betonte.
Auch Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) lehnt den Vorstoß von de Maizière ab. „Ich halte überhaupt nichts von einer 'Polizei-Light', das kann nicht der richtige Weg sein“, sagte Pistorius gestern am Rande der Innenministerkonferenz. SPD-Vize Ralf Stegner lehnt die Aufstellung einer Wachpolizei ebenfalls ab. „Unsere öffentliche Sicherheit ist nicht das Feld für Crashkurs-Ordnungshüter.“