Hohe Lebensmittelpreise Preiskampf um Lebensmittel auch für Landwirte kritisch

Rhein-Sieg-Kreis · Die Landwirte in der Region bewerten ihre Situation als Lebensmittelerzeuger weiter kritisch. Verbände sagen: Das darf so nicht weitergehen.

 Protest in Berlin: Aktivisten der „Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft“ und von Greenpeace vor dem Bundeskanzleramt.

Protest in Berlin: Aktivisten der „Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft“ und von Greenpeace vor dem Bundeskanzleramt.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Seit Jahren sind die Bauern unzufrieden mit der Vermarktung ihrer Erzeugnisse. Doch Landwirte aus der Region sind auch nach dem Treffen im Kanzleramt eher skeptisch, ob sich ihre Situation verbessern wird.

„Bessere Preise werden ja schon seit Jahren eingeklagt. Aber leider passiert nichts und auch jetzt dieses Treffen wird wieder verpuffen“,  sagt Leonhard Palm, Spargel-Bauer aus Bornheim-Uedorf. Der 56-jährige Bio-Bauer produziert zudem zahlreiche Früchte und Gemüse-Sorten, die er beim Hofverkauf oder über den Bio-Großhandel anbietet. Eine Zusammenarbeit mit Lebensmittelkonzernen startet er immer mal wieder – gerade im Herbst mit Hokkaidokürbissen. „Manchmal funktioniert es, oft aber auch nicht“, sagt Palm weiter, und fügt an: „Die Diskussion um die Tiefpreise für landwirtschaftliche Produkte ist uralt. Wir kommen da aber leider keinen Schritt weiter, wenn die Erdbeeren überwiegend aus Spanien kommen und der Spargel mittlerweile aus Peru oder China.“

Bernd Schmitz (54) vom Bio-Hof in Hennef-Hanf produziert Milch und Getreide. Er setzt viel auf Natur. Die Vermarktung seiner Produkte erfolgt über eine solidarische Landwirtschaft. So haben sich in einer Wirtschaftsgemeinschaft 50 Familien verpflichtet, seine Produkte zu erwerben.

Situation ist und bleibt schwierig für Landwirte

Auch Schmitz weiß um die schwierige Situation der Landwirte, aber er hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Er baut auf die Gesetzgebungspflichten auf europäischer Ebene. „Wenn man damit den unlauteren Wettbewerb beim Einkauf in den Griff bekommen würde, könnte das den Bauern zugute kommen.“ Das Problem sei der Lebensmitteleinzelhandel, der ein Machtfaktor sei. „Die großen Konzerne haben zusätzliche Billigmarken eingeführt, um mit Aldi und Lidl mithalten zu können. Damit stehen die Einkäufer noch mehr unter Druck.“ Laut Schmitz sei die ganze Situation noch brutaler geworden. „Das hat unmenschliche Züge angenommen.“ Zum Beispiel habe Rewe kürzlich einfach zwei Prozent Skonto abgezogen. „Das können die einfach aus einer Machtposition heraus. Wir haben vor allem reichlich Lebensmittel. Die moralische Verpflichtung bleibt leider auf der Strecke“, bemängelt er.

Um die negativen Konsequenzen aus dem permanenten Preiskampf aufzufangen, hat Landwirt Heinz Raffelsieper (50) von der Wegerhof KG aus Wipperfürth andere Wege eingeschlagen. Für ihn würden  Lebensmittel seit fast 40 Jahren für denselben Preis verkauft. Von daher hat er sich mit drei weiteren Landwirten zusammengeschlossen, um Synergien zu schaffen. Gemeinsam haben sie 700 Milchkühe, es gibt eine stabile Situation bei der Beschäftigung und die Bauern können auch mal einen Tag freimachen. Seit Neuestem hat die Gruppe auch Einnahmen aus einer Biogas-Anlage. „Nahrungsmittel werden international gehandelt und bleiben von daher günstig. Der Verbraucher entscheidet über den Preis. Von daher wird sich nichts ändern“, sagt Raffelsieper. Immerhin sieht er eine Branche, der es noch schlechter gehe. „Bäcker wird es in naher Zukunft nicht mehr geben, da alle ihr Brot im Discounter kaufen“.

Der Rheinische Landwirtschafts-Verband (RLV) und der Provinzialverband rheinischer Obst- und Gemüseerzeuger begrüßte derweil das Treffen der Bundeskanzlerin mit dem Lebensmittelhandel und der Ernährungsindustrie. „Lebensmittel werden im Rheinland unter hohen Standards erzeugt. Oft setzt der Handel die Standards sogar noch höher als die gesetzliche Vorschrift. Trotzdem werden die Preise immer weiter gedrückt und Lock­angebote sowie Dumpingpreise gemacht. Das darf so nicht weitergehen“, heißt es in einer Stellungnahme des RLV. Regionale Lebensmittel würden Wertschätzung und kostendeckende Preise verdienen. Deshalb begrüßten die beiden Verbände, dass sich NRW-Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser auch für die Wertschätzung und gegen das Verramschen von Nahrungsmitteln einsetzten will.

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