Günter Grass' Tod Pressestimmen

Wie die Presse auf den Tod von Schriftsteller Günter Grass reagierte, lesen Sie hier.

Thüringer Allgemeine

Seine Polemiken waren nicht immer sachlich, sie waren zunehmend trutzig und verknurrt. Und die Zeiten waren zunehmend so verfasst, dass die Figur des moralischen Mahners als belächelnswert gilt. Doch wenn schon niemand mehr wissen wird, wann wer warum auf eine mediale Pauke haute, dann wird man "Die Blechtrommel" noch immer lesen. (Erfurt)

Der Tagesspiegel

Günter Grass hat, der Letzte seiner Art, das Dichterische und das J'accuse kultiviert. Zutiefst war er eine Gestalt des ideologischen 20. Jahrhunderts. Sein Auftritt fand Nachhall, die Öffentlichkeit wollte den unangenehmen, sperrigen Brocken. Die Zeit wird das trennen. Es hilft den Büchern, wenn man sie befreit von der Last der Eitelkeit und der Moral des Tages. Dann kann und wird bleiben: die Literatur. (Berlin)

Rhein-Neckar-Zeitung

Ob Günter Grass einmal den Rang von Goethe teilen wird, müssen andere Generationen entscheiden. Fest steht aber am Tage seines Todes, dass er der größte Schriftsteller seit Thomas Mann war. Nicht nur künstlerisch, auch gesellschaftspolitisch war der Einfluss des Lübeckers weit intensiver, als man es aufgrund der einen oder anderen verunglückten Äußerung zu Lebzeiten des Schriftstellers hätte vermuten können. (Heidelberg)

Nürnberger Nachrichten

Seine Stimme wird uns fehlen, auch wenn sie manchen genervt hat. Der alte Dickschädel, der in Wahrheit sehr dünnhäutig war, hat politische Auseinandersetzungen nie gescheut und immer wieder auf gesellschaftliche Fehlentwicklungen und Missstände hingewiesen. Unbequemsein, auch das ist eine wichtige Aufgabe der Literatur.

Stuttgarter Zeitung

Wer in einem Roman wie der "Blechtrommel" darzustellen vermochte, wie sich in einer Stadt wie Danzig der Nationalsozialismus in die Gemüter gräbt, wer den kleinbürgerlichen Mief in ein dichtes Sittenbild zu fassen vermochte, aus dem die geschichtliche Wahrheit entgegen leuchtet, der durfte mit Recht eine Stimme beanspruchen, wenn es im Nachkriegsdeutschland darum ging, Fragen der Schuld und Verantwortung zu klären.

Westdeutsche Zeitung

So ist Grass auch ein gutes Beispiel für eine andere Frage: Ob einer, der selbst einen Fehler gemacht hat, als moralische Instanz noch funktionieren kann. Die späte Beichte seines Eintritts in die Waffen-SS hat die Bewertung seiner Lebensleistung dramatisch verschoben. (Düsseldorf)

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