Kabinett Regierung will umfassende Digitalisierung voranbringen

Meseberg · Internet-Anwendungen prägen immer stärker den Alltag von Bürgern und Unternehmen in Deutschland. Das Kabinett ging in Klausur, um über Chancen und Risiken zu beraten. Die Branche sieht Handlungsbedarf.

 Dobrindt plant unter anderem einen Förderfonds für Firmengründer.

Dobrindt plant unter anderem einen Förderfonds für Firmengründer.

Foto: Michael Kappeler

Computergesteuerte Autos, schnelles Internet auf dem Land, Datensicherheit: Die Bundesregierung will die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft schneller voranbringen.

Zum Auftakt einer zweitägigen Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg in Brandenburg diskutierten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Minister über Förderprogramme, ethische Fragen und Risiken neuer Technologien. Die Digitalbranche mahnte zusätzliche Impulse an.

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte in Meseberg, bei der Digitalisierung sollten nicht immer die Risiken, sondern die Chancen im Vordergrund stehen. Es gebe tolle Anwendungen, wo dann "Sicherheit als Spaßbremse" eingezogen werde. Von Anfang an müssten Sicherheit und Verbrauchernutzen gleichberechtigt bei digitalen Angeboten berücksichtigt werden. Gutes Beispiel dafür sei der elektronische Personalausweis.

De Maizière lobte Estland als Vorbild für Deutschland bei der Digitalisierung der Verwaltung. Zuvor hatte der estnische Ministerpräsident Taavi Rõivas dem Kabinett in Meseberg von IT-Projekten seiner Regierung berichtet. EU-Digitalkommissar Günther Oettinger (CDU) berichtete von den Herausforderungen Europas im internationalen Vergleich.

Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) präsentierte Vorstellungen, wie die Politik auf die Digitalisierung der Arbeitswelt reagieren sollte. Arbeitnehmer, die mit dem Schraubenschlüssel ausgebildet worden seien, dürften nicht alleine gelassen werden: "Wir müssen Menschen helfen, dass sie am Ball bleiben können." Beim rasanten Wandel der digitalen Arbeitswelt dürften Schutzstandards jedoch nicht auf der Strecke bleiben. Die Menschen müssten vor "Selbstüberforderung" geschützt werden. Im Herbst will Nahles Vorschläge zur "Arbeitswelt 4.0" vorlegen.

Infrastrukturminister Alexander Dobrindt (CSU) betonte, neben dem grundlegenden Ausbau der Internet-Netze gehe es auch um den Wandel wichtiger Branchen wie der Autoindustrie. Deutschland sei, was die Dynamik bei der Digitalisierung angeht, in Europa Spitze. Allerdings hat Europas größte Volkswirtschaft auch erheblichen Nachholbedarf. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) erläuterte, wie rasant der digitale Wandel das Leben von Jugendlichen verändert und wie der Staat beim Jugendschutz darauf reagieren sollte.

Für computergesteuerte Autos soll nach Vorstellungen Dobrindts eine Ethik-Kommission Leitlinien erarbeiten, nach denen Fahrzeuge in Risikosituationen reagieren. Automatisierte Systeme sollen nicht nur auf der Autobahn 9 in Bayern erprobt werden, sondern noch in diesem Jahr auch innerstädtisch.

Um digitale Geschäftsideen rund um Mobilität anzuschieben, soll eine Plattform mit Verkehrsdaten um Wetter- und Satellitendaten erweitert werden. Starten soll ein Förderfonds für Firmengründer mit 100 Millionen Euro bis 2020. Für den Anschluss von Gewerbegebieten ans schnelle Internet und zur Unterstützung kleiner und mittlerer Firmen auf dem Weg zu digitalen Prozessen sollen 350 Millionen Euro bereitgestellt werden.

Die Wirtschaft dringt auf weitere Impulse. "Wir brauchen in der Digitalpolitik noch mehr Tempo", sagte der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands Bitkom, Bernhard Rohleder, vor der Klausur der Deutschen Presse-Agentur. Wichtigste Aufgabe sei die Digitalisierung von Leitindustrien wie Auto- und Maschinenbau, Chemie oder Pharma.

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