Abstimmmung im Landtag Regierungsbildung in NRW: Spannung vor Laschets Wahl

NEUSS · Nachdem CDU und FDP dem Koalitionsvertrag zugestimmt haben, steht für Dienstag die Abstimmung im Landtag an.

 Leidenschaftliche Rede: Armin Laschet auf dem CDU-Landesparteitag in Neuss.

Leidenschaftliche Rede: Armin Laschet auf dem CDU-Landesparteitag in Neuss.

Foto: dpa

Bekommt Nordrhein-Westfalen in diesen Tagen nur einen neuen Ministerpräsidenten, oder beginnt auch eine neue Ära? Ersteres steht so gut wie fest: Am Dienstag um 15 Uhr wird der Landtag Armin Laschet (CDU) wohl zum neuen Regierungschef wählen. Letzteres verspricht zumindest der Koalitionsvertrag: „Christdemokraten und Freie Demokraten nehmen den Auftrag an, unser Land freier und sicherer, fairer und moderner zu gestalten. Wir wollen die Stärken unseres Landes nutzen, um das Leben für alle noch besser zu machen.“ Ein besseres Leben für alle – so steht es tatsächlich in der Präambel. Und Laschet will das auch zügig umsetzen: Es werde „keine Gremien oder runde Tische“ geben, sondern schnelle Entscheidungen in der Schul- und Wirtschaftspolitik sowie für mehr Sicherheit, kündigte er am Samstag auf dem Parteitag der CDU in Neuss an.

Während die FDP sich die Zustimmung ihrer Mitglieder zum Koalitionsvertrag pragmatisch per Onlineabstimmung holte, ging es bei der CDU feierlich zu. Laschet warb vor den Delegierten seiner Partei mit einer leidenschaftlichen Rede für das Regierungsprogramm und erinnerte an die Bundesregierung unter dem soeben verstorbenen ehemaligen Kanzler Helmut Kohl: „Er hat 16 Jahre eine Koalition geführt und wusste, dass auch der kleinere Partner sichtbar sein muss“, sagte Laschet mit Blick auf die FDP. Ziel sei, die schwarz-gelbe Landesregierung über die aktuelle Legislaturperiode hinaus fortzusetzen. Die 597 Delegierten stärkten Laschet mit einem einstimmigen Ja zum Koalitionsvertrag den Rücken.

Damit haben die beiden Vorsitzenden Armin Laschet und Christian Lindner nun auch formal den Auftrag ihrer Parteien, den Koalitionsvertrag zu unterschreiben. Das soll an diesem Montagnachmittag in der Düsseldorfer Jugendherberge geschehen – eben da, wo Laschet und Lindner den Vertrag seit ihrem Wahlsieg am 14. Mai ausgehandelt haben. Offen ist noch, ob sich Laschet bei der Wahl am Dienstag im Landtag schon im ersten Wahlgang durchsetzt.

Die Landesverfassung sieht nämlich in Artikel 52 Absatz 1 vor, dass der Ministerpräsident in Runde eins von mehr als der Hälfte der Landtagsabgeordneten gewählt werden muss, also mit der absoluten Mehrheit. Dafür braucht Laschet 100 Stimmen. So viele bringen CDU und FDP zusammen auf die Waage. Gut möglich, dass Abweichler aus den Reihen von Christ- und Freidemokraten durch Laschet-Wähler aus anderen Fraktionen, also von SPD, Grünen oder AfD kompensiert werden: Die Wahl ist geheim – niemand würde davon erfahren. Aber wenn nicht, wird es spannend.

Im zweiten und dritten Wahlgang würden Laschet „mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen“ ausreichen (Artikel 52 Absatz 2). Steht seine Mehrheit danach noch immer nicht, sieht die Landesverfassung eine Stichwahl vor, in der Laschet einfach nur mehr Stimmen als sein Wettbewerber einsammeln muss. Antreten zur Stichwahl können nur Kandidaten des vorausgegangenen Wahlganges. Da es keinen Gegenkandidaten gibt, wäre Laschets Wahl also spätestens in der Stichwahl sicher.

Das ist der verfassungsrechtliche Aspekt. Einen politischen gibt es auch: Sollte sich nach dem ersten Wahlgang abzeichnen, dass Laschet die Fraktionen von CDU und FDP nicht geschlossen hinter sich hat, hinge von Anfang an ein Schatten über seinem Amt. Denn so deutlich der Wahlsieg von CDU und FDP am 14. Mai auch ausgefallen ist und so schnell und harmonisch die Koalitionäre ihr Bündnis geschmiedet haben: Wenn sie sich bei Abstimmungen nicht auf Leihstimmen von SPD, Grünen oder AfD verlassen wollen, müssen die Abgeordneten beider Fraktionen ausnahmslos und immer am selben Strang ziehen. Sollte ihnen das nicht einmal bei der Wahl ihres Ministerpräsidenten gelingen, wäre Laschet schon vor seiner Vereidigung geschwächt.

Beobachter vermuten aber eher das Gegenteil. Auch in den Reihen von SPD, Grünen und AfD fürchten etliche Abgeordnete, nach eventuellen Neuwahlen ihr Landtagsmandat wieder zu verlieren. Sie haben vielleicht kein politisches, aber ein persönliches Interesse daran, Neuwahlen zu verhindern – und könnten allein deshalb für Laschet stimmen. Sollte Laschet also mehr als die erforderlichen 100 Stimmen im ersten Wahlgang bekommen, würde das umgekehrt auch viel über den Zustand der Opposition in NRW aussagen.

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