Landtagswahl SPD holt im Saarland die absolute Mehrheit, CDU stürzt ab

Berlin · Für die SPD im Bund ist der fulminante Wahlsieg von Anke Rehlinger eine Bestätigung. Die beiden anderen Ampel-Parteien müssen sich der Dominanz der Sozialdemokraten beugen. Die Grünen wie auch die FDP verpassen den Einzug in den Landtag.

 Die SPD hat die Landtagswahl im Saarland mit ihrer Spitzenkandidatin Anke Rehlinger überlegen gewonnen

Die SPD hat die Landtagswahl im Saarland mit ihrer Spitzenkandidatin Anke Rehlinger überlegen gewonnen

Foto: dpa/Boris Roessler

Ein perfekter Wurf für eine ehemalige Kugelstoßerin. Direkt rein in die Staatskanzlei in Saarbrücken. Im Willy-Brandt-Haus in Berlin jubeln sie am frühen Abend über Anke Rehlinger. Schlag 18 Uhr durften sie schon bei der Prognose bei diesem klaren Vorsprung fast sicher sein: Ihre Spitzenkandidatin hat es geschafft. Nach der Ausdauer in ihrem früheren Leistungssport hat sich für Rehlinger und die SPD auch die Ausdauer im Kampf um das erste Regierungsamt ausgezahlt. Co-Vorsitzender Lars Klingbeil freut sich, dass „der rote Balken sehr weit nach oben“ zeigt.

28 lange Jahre nach dem letzten Wahlsieg eines Sozialdemokraten im Saarland kann die SPD sich wieder über die Übernahme der Landesregierung in Saarbrücken freuen. 1994 hieß der Kandidat noch Oskar Lafontaine, der in der Folge nach einem persönlichen politischen Beben erst aus der Bundesregierung, dann aus der SPD und vor knapp zwei Wochen auch aus der von ihm später mitgegründeten Partei Die Linke austrat.

Aber nun hat die SPD, die im Bund die erste Ampel-Koalition führt, weitere drei Stimmen mehr auf der Habenseite im Bundesrat. Die absolute Mehrheit von 35 der 69 Stimmen erreichen die SPD-geführten Bundesländer damit zwar immer noch nicht. Aber es stehen in diesem Jahr ja noch Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen an, wo die SPD gleichfalls CDU-Ministerpräsidenten beerben will. Und im Oktober die Landtagswahl in Niedersachsen.

Zunächst sieht es nach einer Rückkehr der Grünen in den Landtag aus

Ob die Ampel auch im Saarland ein Regierungsmodell wird, ist am Sonntagabend nach den ersten Hochrechnungen eher unwahrscheinlich. Denn: Rehlinger, bislang stellvertretende Ministerpräsidentin von Tobias Hans (CDU), dem Wahlverlierer des Abends, kann sogar eine Alleinregierung anführen. Für Bundeskanzler Olaf Scholz wäre dies gut drei Monate nach Übernahme der Regierungsgeschäfte im Bund ein Wahlsieg mit Ausrufezeichen, in jedem Fall ist das Ergebnis im Saarland Bestätigung für ihn. Heiko Maas, einst selbst SPD-Landesvorsitzender im Saarland, spricht von einem „phänomenalen Erfolg“ als Ergebnis langjähriger Arbeit – vor allem von Rehlinger.

Die Wahl im Saarland ist jedenfalls der erste Stimmungstest seit der Bundestagswahl über die Arbeit der Ampel im Bund. Klar, wie immer hätten landespolitische Themen überwogen. Aber mit Corona, erst recht mit dem Ukraine-Krieg und den deutschen Reaktionen darauf, steht die Arbeit der Regierung im Bund zumindest indirekt mit zur Abstimmung.

 Die CDU und ihr Spitzenkandidat Tobias Hans, amtierender saarländischer Ministerpräsident, erleben eine bittere Niederlage.

Die CDU und ihr Spitzenkandidat Tobias Hans, amtierender saarländischer Ministerpräsident, erleben eine bittere Niederlage.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Die Ampel-Parteien betonten erst in der vergangenen Woche nach dem jüngsten Koalitionsausschuss, bei dem sich SPD, Grüne und FDP nach einer langen Nacht auf ein milliardenteures Entlastungspaket für die Bürgerinnen und Bürger wegen drastisch gestiegener Kosten bei Energie und Lebensmitteln geeinigt hatten, alle mal herhören: Die Ampel funktioniert! Rot, Gelb und Grün seien arbeits-, handlungs- und entscheidungsfähig. Auch wenn es vernehmlich gehakt hat.

Grüne erleben im Laufe des Abends den Tiefschlag

Bei den Grünen dürfte sich auch die neue Spitze im Bund darüber ärgern, dass die zerstrittenen Parteifreunde an der Saar nach dem Streit vor der Bundestagswahl nicht mehr Gewicht auf die Waage bringen konnten. Von der Bundestagswahl im vergangenen Jahren blieben die Saar-Grünen wegen schwerer Fehler bei der Listenaufstellung mit einer eigenen Liste ausgeschlossen.

Zunächst sah es so aus, als wären die Grünen, die 2017 den Einzug in den Landtag verpasst hatten, wieder im Parlament. Aber dann am späten Abend der Tiefschlag: Die Grünen bleiben nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis außerparlamentarische Opposition – hauchdünn unter der Fünf-Prozent-Hürde.

Auch die FDP, die zuletzt 2009 in den saarländischen Landtag einziehen konnte, konnte zunächst am frühen Abend noch nicht sicher sein, ob sie ihren Teil der Ampel dann auch schalten konnte: auf blinkendes Gelb. In Berlin setzt Parteichef Christian Lindner auf die Hoffnung, dass die Saar-Liberalen „auch am Ende erfolgreich sein werden“ – fünf Prozent oder mehr. Man brauche starke Nerven, so Lindner. Am Ende reicht es auch für die FDP nicht – 4,8 Prozent nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis. Raus ist raus. Die Ampel im Bund hat im Saarland nur ein Licht: Rot!

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
In den tiefroten Zahlen
Die Linke im Saarland In den tiefroten Zahlen
Die Ampel kuscht vor den Stammtischen
Kommentar zur Energie-Einigung der Bundesregierung Die Ampel kuscht vor den Stammtischen
Viel Auf, viel Ab, jetzt Aus
Kommentar zum Austritt von Oskar Lafontaine aus der Linkspartei Viel Auf, viel Ab, jetzt Aus
Eine Ministerin unter Druck
Grünen-Politikerin Anne Spiegel Eine Ministerin unter Druck
Aus dem Ressort