Schwarz-rote Signale Schäuble rechnet mit Regierung Mitte November

Berlin · Farbenlehre: Schwarz-Rot, Schwarz-Grün oder Rot-Rot-Grün? Politiker spielen in den Tagen der Partnersuche alle Varianten durch. Minister Schäuble meint, die neue Koalition steht schneller als erwartet.

 Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in dieser Woche in Berlin.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in dieser Woche in Berlin.

Foto: dpa

Kurz vor den neuen Sondierungsrunden der Union mit SPD und Grünen werden Verhandlungen über eine große Koalition immer wahrscheinlicher. Während sich Politiker von Union und SPD am Wochenende für ein gemeinsames Bündnis aussprachen, mehrten sich kritische Stimmen zu Schwarz-Grün.

Zwar machte die SPD einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro zur Bedingung für Schwarz-Rot und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) pochte dagegen auf die Tarifautonomie - der CDU-Arbeitnehmerflügel nannte das Problem aber "die einfachste Kiste". Unterdessen dachten Grünen-Politiker laut über Rot-Rot-Grün nach, bezeichneten die Linke allerdings als nicht regierungsfähig. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte seine Partei zum Umdenken auf.

Nach Ansicht von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kann die neue Regierung bis zum SPD-Parteitag (14. bis 16. November) stehen. "Ich glaube, dass wir Mitte November - ungefähr - eine neue Regierung haben werden", sagte er in Washington. Es werde viel schneller gehen als von vielen erwartet.

Nach Angaben aus Verhandlungskreisen bereitete die Union ein Themenpaket für die zweiten Sondierungsrunden mit der SPD am Montag und den Grünen am Dienstag vor. Der Kontakt zu SPD-Spitzen sei deutlich enger als zur Führung der Grünen, hieß es. Die "Leipziger Volkszeitung" (LVZ) berichtete, die Generalsekretäre Hermann Gröhe (CDU) und Alexander Dobrindt (CSU) wollten ein Angebot zur Begrenzung von Leih- und Zeitarbeit sowie zur Öffnung zu einer Solidarrente und Einführung von flächendeckenden Mindestlöhnen erarbeiten.

Zu den offenen Punkten beim Mindestlohn gehört, von wem der erste Mindestwert festgelegt werden und ob es unterschiedliche Mindestlöhne in Ost und West geben könnte. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles mahnte in der "Bild am Sonntag": "Ohne die Vereinbarung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro wird es eine Regierungsbeteiligung der SPD nicht geben."

Merkel betonte in einer Videobotschaft zwar, dass eine starke Tarifautonomie der Beitrag von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu einer funktionierenden Sozialen Marktwirtschaft sei. Sie sprach sich aber für "vernünftige Lohnuntergrenzen in Form von Mindestlöhnen" aus. Der Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels (CDA), Karl-Josef Laumann, sagte dem "Focus": "Der Mindestlohn ist die einfachste Kiste."

Auch der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl sagte: "Bei dem Thema wäre durchaus ein Ergebnis vorstellbar." Beim Mindestlohn seien sich im Grundsatz alle einig. "Wir wollen nicht, dass sich vom Steuerzahler kofinanzierte Geschäftsmodelle mit Niedrigstlöhnen ausbreiten", sagte Strobl der "Welt" (Montag).

CSU-Chef Horst Seehofer hielt sich zwar auch die Möglichkeit von Schwarz-Grün offen, blieb aber bei seiner Präferenz für die SPD. In der "LVZ" brachte er zugleich Dobrindt als Bundesminister ins Gespräch. CDU- Vize Julia Klöckner sagte dem "Tagesspiegel am Sonntag", eine Koalition mit den Grünen würde neue Perspektiven eröffnen. Für eine große Koalition sprächen die anstehende Pflegereform, die Europapolitik und die Bildungspolitik.

Schleswig-Holsteins SPD-Chef Ralf Stegner sagte der Deutschen Presse-Agentur, Schwarz-Rot sei das Wahrscheinlichste - auch wenn er in seiner Partei niemanden kenne, der ein solches Bündnis wirklich wolle. SPD-Bundesvize Olaf Scholz ermutigte seine Partei zu einem Bündnis mit der Union. "Die SPD hat vor vier Jahren nicht wegen ihrer Beteiligung an der großen Koalition ein so miserables Ergebnis erzielt", sagte er dem "Spiegel".

Der neue Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter bekannte in der "Welt am Sonntag" mit Blick auf das umstrittene Steuerkonzept seiner Partei: "Wir haben Fehler gemacht." Bei den Grünen müssten sich aber vor allem Habitus und Tonlage ändern. Außerdem würden sich die Grünen in dieser Wahlperiode auf Koalitionsoptionen mit der Union sowie der Linken vorbereiten. Damit ließ er durchblicken, dass er mit einem Scheitern der zweiten Sondierung mit der Union rechnet.

Die grüne Co-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt erklärte sich zu Gesprächen über Rot-Rot-Grün bereit. "Wenn der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel uns und die Linkspartei zu Sondierungsgesprächen über eine Regierungsbildung einladen sollte, würden wir auch da hingehen", sagte sie der "Bild am Sonntag". Zugleich meinte sie: "Da sehe ich wegen deren Außen- und Europapolitik keine Regierungsfähigkeit."

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