Macht des Bildes Schlank an die Macht: Junge Wähler mögen "Slim-Fit-Warrior"

Wien · Die Macht des Bildes ist bekannt. In der Politik geht es bei Jungwählern so weit, dass fast nur eine schlanke und attraktive Erscheinung glaubwürdig ist. Heißt es künftig bei Wahlen: "Wer ist der Schönste im ganzen Land?"

 Jung und schlank: Sebastian Kurz (ÖVP), Außenminister von Österreich.

Jung und schlank: Sebastian Kurz (ÖVP), Außenminister von Österreich.

Foto: Michael Kappeler/Archiv

Bei vielen Jungwählern ist laut Forschern die körperliche Attraktivität von Politikern ein entscheidendes Kriterium.

"Jungwähler bewerten Politik anhand ästhetischer Kategorien. Sie sind sehr stark Augenmenschen und wollen Erkenntnisse durch bildliche Wahrnehmung gewinnen", sagte der österreichische Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier der Deutschen Presse-Agentur. Bei einer repräsentativen Umfrage seines Meinungsforschungsinstituts "tfactory" im Vorfeld der Wahlen in Österreich habe sich die Macht der Optik bestätigt. "Die starke Verkörperlichung des Politischen hat einen neuen Idealtypus hervorgebracht: den Slim-Fit-Warrior."

In Österreich verkörperten die sichtbar fitten Spitzenkandidaten Christian Kern (SPÖ) und Sebastian Kurz (ÖVP) diesen Typus. "Kurz und Kern symbolisieren den schlanken, neuen, liberalen, beweglichen, hochgradig individualisierten Kapitalismus", meinte Heinzlmaier. Bei politischen Inhalten müssten die meisten Befragten passen, aber ob jemand modern und modisch sei, wüssten sie ganz genau, so der Forscher. "Sie beurteilen immer das, was oberflächlich wahrnehmbar ist."

Der 30-jährige Kurz hat laut Umfrage die Nase bei den Jungwählern vorn. Sein Vorsprung vor dem 51-jährigen Kanzler sei in den Kategorien "Jugendlichkeit", "Modernität", "Durchsetzungsfähigkeit" deutlich. Dabei komme dem neuen ÖVP-Chef zugute, dass er alte Strukturen der Partei abgeschafft und sie als von ihm dominierte "Bewegung" neu aufgesetzt habe.

"Man muss in den Konflikt mit den Modernisierungsverhinderern in der eigenen Partei treten", so Heinzlmaier. Genau das verschaffe die Glaubwürdigkeit, verändern zu können. Insofern sei in Deutschland die einmütige Wahl von Martin Schulz zum SPD-Chef im März äußerst kritisch zu sehen. "Wenn man wie Martin Schulz 100 Prozent bekommt, ist das im Prinzip schon der Untergang."

Kanzlerin Angela Merkel habe eine Sonderrolle. Merkel habe als "Mutter der Nation" nichts zu fürchten, so Heinzlmaier. "Mütter müssen nicht schön sein, damit sie geliebt werden."

Zehn Wochen vor der Wahl in Österreich sind die Erkenntnisse der Studie zumindest für den Spitzenkandidaten der rechten FPÖ, Heinz-Christian Strache, nicht schmeichelhaft. Der 48-Jährige werde eher als weniger attraktiv wahrgenommen, meinte Heinzlmaier. "Strache hat abgebaut. Er wirkt leicht übergewichtig, blass und nicht vital. Er strahlt keine Dynamik mehr aus."

Ganz im Gegensatz zu Kurz. Der konservative Politiker treffe auch mit seinen Slogans zum Beispiel über die "Schließung der Mittelmeerroute" einen Nerv bei den jungen Menschen. "Kurz ist ein Meister der Dekomplizierung", meint Heinzlmaier.

Dass Jungwähler gerne bestimmte Typen und nicht Programme und Parteien wählten, zeige sich auch an einer weiteren Einstellung. 50 Prozent der Befragten bevorzugen laut Forscher eine Expertenregierung. Der klassische Politiker strahle nicht die sozial-kulturelle Empathie aus, um von jungen Menschen emotional angenommen zu werden.

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