Lindners Liberale auf Distanz Schulz umwirbt FDP mit Charmeoffensive

Berlin · Charmeoffensive von Schulz und Oppermann: Im Gleichklang loben SPD-Kanzlerkandidat und -Fraktionschef die Liberalen. Doch die FDP will zunächst mal nur zurück in den Bundestag, um dann weiterzusehen. Und Parteivize Kubicki spottet über den "roten Messias".

Noch ist unklar, welcher Art von Koalition Martin Schulz nach einem etwaigen SPD-Wahlsieg im Herbst den Vorzug geben würde.

Foto: Bernd Thissen

Mit auffälligen Avancen an die FDP hat die SPD-Spitze Debatten über eine Ampelkoalition nach der Bundestagswahl angeheizt. Kanzlerkandidat Martin Schulz betonte die Verdienste der 1982 zerbrochenen SPD/FDP-Regierung.

"Die sozialliberale Koalition auf Bundesebene hat Deutschland ganz sicher moderner und demokratischer gemacht", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstag). Über den Koalitionsbruch der FDP am Ende der Regierungszeit von SPD-Kanzler Helmut Schmidt 1982 sagte Schulz: "Das ist alles Vergangenheit."

Auch zur strategischen Ausrichtung der heutigen FDP unter Parteichef Christian Lindner äußerte sich der Herausforderer von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wohlwollend. "Christian Lindner hat erklärt, die FDP wolle keinen Steuerwahlkampf führen. Das finde ich bemerkenswert", so der SPD-Chef. Er selbst werde sich darauf konzentrieren, seine Partei bei der Bundestagswahl am 24. September zur stärksten Kraft zu machen. Aber: "Mit Christian Lindner werde ich mich bestimmt auch mal treffen."

Der FDP-Chef lehnte es indes ab, sich an Koalitionsdebatten zu beteiligen. Lindner sagte den Dortmunder "Ruhr Nachrichten" (Freitag): "Ich freue mich, wenn die SPD ihre alten Feindbilder einpackt. Natürlich werde ich Herrn Schulz genauso treffen wie Frau Merkel." Inhaltlich ging er auf Abstand: "Wenn die SPD also vor allem über Steuererhöhungen sprechen will, dann werden die Gespräche kurz."

Noch deutlichere Distanz zeigte der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki: "Der Schulz-Effekt hat ganz offensichtlich seinen Zenit überschritten", schrieb er in einem Gastbeitrag für das "Handelsblatt". "Denn sonst gäbe es keinen logischen Grund, warum die deutsche Sozialdemokratie nach der in die Hose gegangenen Saarland-Wahl eine Debatte über mögliche Koalitionsoptionen anzettelt."

Es wecke wenig Vertrauen in die Führungsqualitäten des "kurzzeitig zum roten Messias erhobenen Martin aus Würselen", wenn er erst eine "tiefrote Agenda der sozialen Gerechtigkeit" ausrufe - um sich dann der FDP anzudienen, "die man kürzlich noch in alter SPD-Manier der neoliberalen Kaltherzigkeit" beschuldigt habe.

Neben Schulz hatte auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann dem FDP-Vorsitzenden Respekt gezollt: "Herr Lindner bemüht sich, nicht länger am Rockzipfel von Frau Merkel zu hängen und Brücken zu anderen Parteien aufzubauen. Das finde ich richtig, denn es gibt bei manchen Themen sicher Überschneidungen", sagte er der "Rheinischen Post" (Donnerstag). Und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torstern Albig (SPD) fügte in der "Wirtschaftswoche" hinzu: "Sozialdemokraten und Liberale haben - im Gegensatz zu den Konservativen - etwas gemeinsam: Wir wollen, dass wieder etwas passiert im Land."

Die Debatte über eine Zusammenarbeit von Sozialdemokraten und FDP hatte nach der Wählerabsage an ein rot-rotes Bündnis im Saarland Fahrt aufgenommen. In den Fokus rückte dabei eine Ampelkoalition. Führende Politiker von SPD, Grünen und FDP haben ein solches Bündnis nicht ausgeschlossen.

Nach Ansicht von CSU-Chef Horst Seehofer ist die Kontaktaufnahme von Schulz zur FDP kein Grund zur Beunruhigung in der Union. "Das ist eher für uns nützlich. Jetzt haben wir einige Wochen das Linksbündnis gehabt, jetzt haben wir ein neues Bündnis. Das wird alle auf der linken Seite verunsichern", sagte er am Donnerstag in München. "Und am Schluss weiß niemand mehr, was die SPD will."

Für die Jusos ist entscheidend, "in welcher Koalition wir eine Politik der sozialen Gerechtigkeit umsetzen können", wie die Vorsitzende der SPD-Nachwuchsorganisation, Johanna Uekermann, der Deutschen Presse-Agentur sagte. Man könne mit Schulz selbstbewusst in den Wahlkampf ziehen: "Wer nach der Wahl unser Juniorpartner wird, sehen wir dann."