Spitzelangriff auf NRW-Steuerfahndung Schweiz forscht NRW-Finanzamt aus

Düsseldorf · Ein verhafteter Spitzel erhielt 90.000 Euro. NRW-Finanzminister Walter-Borjans: Der Skandal erreicht eine neue Dimension.

Die Affäre um den Spitzelangriff des Schweizer Geheimdienstes gegen die NRW-Steuerfahndung weitet sich aus. Der am Wochenende in Frankfurt verhaftete Schweizer Daniel M. soll einen bisher nicht identifizierten Spitzel „im Geschäftsbereich der Finanzverwaltung NRW platziert“ haben. Dies ergibt sich aus dem unserer Redaktion vorliegenden Haftbefehl gegen Daniel M. Der Generalbundesanwalt wirft dem Schweizer Staatsbürger vor, im Auftrag des eidgenössischen Geheimdienstes Informationen darüber gesammelt zu haben, wie die Steuerfahndung in Nordrhein-Westfalen Daten-CDs von Schweizer Banken erwirbt, um so Schwarzgeld zu finden.

Laut Haftbefehl sollte Daniel M. 90.000 Euro für das Anwerben des Verräters erhalten, wovon er bereits 60.000 Euro erhielt. Jeweils 10.000 Euro hätten Daniel M. und ein Partner als „Honorar“ eingestrichen, weitere 40.000 Euro seien „als Motivationszahlung“ – also Bestechungsgeld – weitergereicht worden, heißt es im Haftbefehl.

Politik und Experten reagierten scharf. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) sicherte den Ermittlern „alle Unterstützung zu, Spione zu enttarnen“. NRW lasse sich nicht einschüchtern, nachdem das Land viele Jahre lang Steuer-CDs in der Schweiz aufgekauft habe. Walter-Borjans: „Wenn Spione Informanten aus der Finanzverwaltung anheuern, um die erfolgreichen NRW-Steuerfahnder bei ihrer Arbeit zu bespitzeln und denen in die Hände zu spielen, die Milliardengeschäfte auf Kosten der Allgemeinheit machen, erreicht der Skandal eine neue Dimension.“

„Ein schlimmer Vorgang“, sagte Thomas Eigenthaler, Vorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft. Die deutsche Justiz solle Haftbefehle gegen Mitarbeiter des Schweizer Geheimdienstes erlassen: „Der Spieß aus 2012 muss umgedreht werden, als die Schweiz gegen Steuerbeamte von uns Haftbefehle ausstellte, weil sie Daten-CDs kauften. Wenn wir nun den Verdacht haben, dass Mitarbeiter des Schweizer Geheimdienstes Geld dafür gaben, deutsche Steuerbeamte zu bestechen, dann wäre dies Anstiftung zu einer Straftat und Unterstützung einer Straftat.“

Auch Bundespolitiker zeigten sich empört. „Wenn sich herausstellt, dass die Schweiz die deutsche Finanzverwaltung ausspioniert, wäre das völlig inakzeptabel“, sagte Justizminister Heiko Maas (SPD). Finanzpolitiker von Union, SPD und Grünen forderten Konsequenzen. „Wenn die Schweiz ihr Schwarzgeldgeschäftsmodell mit nachrichtendienstlichen Mitteln verteidigen will, wäre das ein unakzeptabler Vorgang und würde das bilaterale Verhältnis belasten“, sagte SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider. Der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach erklärte: „Wenn da wirklich staatliche Schweizer Stellen involviert sind, ist das ein unfreundlicher Akt gegenüber Deutschland.“

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