Interview mit Correctiv-Geschäftsführer zu Fake News „Schwierig wird es, wenn ein wahrer Kern dahintersteckt“

Der Geschäftsführer des Recherchezentrums Correctiv, David Schraven, spricht im Interview über die Zusammenarbeit mit Facebook, die Gefahr für die NRW-Landtagswahl und die Verantwortung der Nutzer.

Der Geschäftsführer des Recherchebüros Correctiv, David Schraven.

Der Geschäftsführer des Recherchebüros Correctiv, David Schraven.

Foto: picture alliance / dpa

Woran erkennt man Fake News?

David Schraven: Da gibt es zum einen plumpe Lügen wie im Fall von Renate Künast. Ihr wurde in den Mund gelegt, sie habe Verständnis für den jungen Flüchtling, der in Freiburg eine Studentin getötet haben soll. Eine rechtsnationale Seite hatte ein angebliches Zitat verbreitet und als Quelle die Süddeutsche Zeitung angegeben. Solche Lügen sind natürlich leicht zu enttarnen. Schwierig wird es, wenn ein wahrer Kern dahintersteckt. So war es bei der Meldung des rechten US-Portals Breitbart: Ja, in Dortmund kamen an Silvester etwa 1000 Leute zusammen. Ja, es waren auch Syrer dabei. Und ja, die Plane an einer Kirche brannte, weil sich ein Feuerwerkskörper darin verfangen hatte. Andererseits: Nein, die Kirche wurde nicht abgefackelt. Nein, das älteste deutsche Gotteshaus steht nicht im Ruhrpott, sondern in Trier. Die Zutaten einer Nachricht sind entscheidend. Breitbart wollte Hass schüren: Christen gegen Muslime. Das erinnert schon fast an die Zeit der Kreuzzüge.

Wie ist es zur Zusammenarbeit mit Facebook gekommen?

Schraven: Wir sind im Spätherbst auf Facebook zugegangen. Ich habe denen gesagt, dass Fake News ein Problem sind. Mitte Dezember haben sie uns um Hilfe gebeten.

Sind Sie der Aufgabe gewachsen?

Schraven: Wir müssen in der Testphase sehen, wie die Arbeitsabläufe aussehen und was gemacht werden muss. Im Moment können wir noch nicht absehen, was da auf uns zukommen wird.

Wann beginnt die Testphase?

Schraven: Das wissen wir nicht – so schnell wie möglich. Wir müssen uns beeilen – die NRW-Landtagswahl steht vor der Tür.

Wie meinen Sie das genau?

Schraven: Für uns ist offensichtlich, dass in NRW der Konflikt geschürt wird – nicht zuletzt durch Falschmeldungen von Breitbart. Im Ruhrgebiet gibt es viele unzufriedene Menschen – Facharbeiter, die arbeitslos sind: eine Zielgruppe, die für Hass anfällig ist. Bonn ist da eine Insel der Glückseligen. Hier hätten Fake News weniger Erfolg.

Wäre es dann nicht ratsam, weitere Partner mit ins Boot zu holen?

Schraven: Natürlich, je mehr, desto besser. Gerade Lokalzeitungen können als Korrektiv dienen. Vor Ort und mit den nötigen Kontakten lässt es sich viel schneller überprüfen, was an zweifelhaften Meldungen dran ist.

Inwiefern liegt die Verantwortung auch bei den Nutzern?

Schraven: Jeder sollte in der Lage sein, Nachrichten kritisch zu hinterfragen. Die Aufgabe der Medien wird sein, journalistisches Wissen weiterzugeben. Wo finde ich Informationen? Wie prüfe ich Quellen? Unser Ziel muss sein, eine redaktionelle Gesellschaft zu formen.

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