Maut-Diskussion Seehofer sieht Sabotage durch Schäuble

BERLIN · Der Streit in der Koalition um die Maut-Pläne der CSU wird immer heftiger. CSU-Chef Horst Seehofer hat CDU und SPD für die Zeit nach den beiden Landtagswahlen Mitte September eine härtere Gangart angedroht.

 Rivalen in der Maut-Diskussion: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (links) und CSU-Chef Horst Seehofer.

Rivalen in der Maut-Diskussion: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (links) und CSU-Chef Horst Seehofer.

Foto: dpa

Besonders verärgert ist er über Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). In letzter Zeit war immer deutlicher geworden, dass Schäuble die Mautpläne ablehnt. Nun zitiert der "Spiegel" aus einer sechsseitigen Stellungnahme des Finanzressorts. Demnach hätten die Beamten von Schäuble große Zweifel, ob die Maut tatsächlich unter dem Strich 600 Millionen Euro im Jahr einspiele, die dann in den Straßenbau gesteckt werden könnten.

Seehofer hält es für einen Affront, dass das Finanzressort die kritische Stellungnahme an die Presse weitergegeben habe. Seehofer wörtlich: "Das erhärtet eigentlich meine Vermutung, dass der Finanzminister ja alles tun möchte, um das zu verhindern."

Vermutlich reagiert Seehofer so empfindlich, weil er weiß, dass Schäuble bei der Pkw-Maut eine Schlüsselfunktion hat. Und zwar aus zwei Gründen: Zum einen fürchtet Schäuble, die Verfügungsgewalt über die Kfz-Steuer-Einnahmen zu verlieren. Hintergrund ist: Derzeit kassiert Schäuble über die Kfz-Steuer rund 8,5 Milliarden Euro jährlich.

Die Mautpläne von Verkehrsminister Alexander Dobrindt sehen nun aber vor, die Kfz-Steuer abzusenken und teils mit der ab 2016 einzuführenden Infrastrukturabgabe zu verrechnen. Schäuble befürchtet, dass er bei dieser Operation den Zugriff auf einen Teil der 8,5 Milliarden verlieren könnte. Zumal bereits die Länder angekündigt haben, auch etwas von der Maut abhaben zu wollen.

In der nun bekannt gewordenen Stellungnahme aus dem Hause Schäuble heißt es denn auch: Angesichts der komplizierten Berechnung der Maut bestünden "erhebliche Zweifel, ob die veranschlagten Systemkosten nicht zu niedrig angesetzt sind". Und weiter: Falls die Maut ein Zuschussgeschäft werde, müsse das Verkehrsministerium die fehlenden Mittel bereitstellen.

Zum anderen ist Schäuble von den Maut-Plänen betroffen, weil der ihm unterstehende Zoll die Kfz-Steuer eintreibt. Der Zoll hat aber erst in diesem Jahr die Kfz-Steuer von den Finanzämtern übernommen, ist bereits jetzt gut ausgelastet und sieht sich nicht in der Lage, bis 2016 auch noch die Verrechnung mit der Maut zu erledigen.

Der Chef der Deutschen Zollgewerkschaft, Dieter Dewes, sagte im Gespräch mit unserer Zeitung: "Der Zoll müsste 58 Millionen Kfz-Haltern einen neuen Steuerbescheid zusenden. Der Zoll hat die Übernahme der Kfz-Steuer noch gar nicht richtig verdaut, wenn jetzt schon das nächste große Ding kommen soll, geht das nicht gut. Das Chaos wäre perfekt."

Am Wochenende war zudem bekannt geworden, dass auch das Innenministerium sowie das Wirtschaftsministerium rechtliche Bedenken gegen die Maut geltend gemacht haben. Das Innenministerium befürchtet, dass das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die Mautpläne von Dobrindt stoppen könnte.

Das Konzept könne gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstoßen. Hintergrund ist, dass Kleinlaster dann anders als Pkw und Lkw von einer Maut ausgenommen wären. Im Haus von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) werde die Europatauglichkeit des Dobrindt-Konzepts bezweifelt, berichtet der Spiegel.

Der politische Streit dreht sich vor allem darum, ob die Pkw-Maut nur für die Benutzung von Autobahnen erhoben wird, wie es der Koalitionsvertrag vorsieht, oder auch von Landstraßen. Das sieht das Konzept vor, das Dobrindt vor der Sommerpause vorgestellt hat.

Verkehrsexperten gehen davon aus, dass Dobrindt die Landstraßen deshalb mit einbeziehen will, weil der Ertrag einer Infrastrukturabgabe nur auf Autobahnkilometer zu niedrig wäre und sich der bürokratische Aufwand damit allein nicht rechtfertigen ließe. Die CDU lehnt die Ausweitung der Maut auf Landstraßen ab.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort