Kommentar zu den Vorwürfen gegen Schulz Selbstherrlich

Meinung | Brüssel · Wird Schulz in seiner Rolle als Apostel gegen die soziale Ungerechtigkeit unglaubwürdig? Schon, wenn er mit seinem Brüsseler Amt und früheren Spitzenverdiensten regelwidrig seine politische Zukunft verbessert hat.

Martin Schulz ist zumindest in Brüssel ins Gerede geraten. Ob der langjährige Präsident des Europäischen Parlamentes dabei tatsächlich bestehende Regeln verletzt oder einfach nur selbstherrlich ausgelegt hat, müssen die zuständigen Behörden und Gremien herausfinden.

Aber die immer massiver werdenden Anschuldigungen hinterlassen einen faden Beigeschmack. Denn wenn der Chef der Volksvertretung Vertraute und Mitarbeiter in einem solchen Maß fördert und begünstigt, haben die Haushaltskontrolleure einzuschreiten und der Kritik zumindest auf den Grund zu gehen – schon allein um das Entstehen eines „Modells Schulz“ zu verhindern. Dass eine derart nüchterne Betrachtungsweise kaum möglich ist, wenn der Beschuldigte gerade zum Spitzenkandidaten seiner Partei für die Bundestagswahl aufgestiegen ist, wird niemand ernsthaft leugnen können. Allerdings fällt die Gegenwehr der Sozialdemokraten schwach aus.

Man weiß auch dort, dass Schulz das Brüsseler Amt genutzt hat, um für seine politische Zukunft vorzusorgen. Verständlich, solange dabei keine Vorschriften gebrochen werden. Sollte dies jedoch der Fall sein, darf es auch für einen Kanzlerkandidaten keine Schonung geben. Unregelmäßigkeiten dieser Art werden den Star der Sozialdemokraten nicht ins Straucheln bringen. Doch der SPD-Politiker ahnt auch, dass seine Rolle als Apostel gegen die soziale Ungerechtigkeit unglaubwürdig wird, wenn ihm der politische Gegner aus früheren Spitzenverdiensten und regelwidrigem Verhalten einen Strick drehen kann.

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