In Bayern So lief Angela Merkels Besuch bei Markus Söder

BERLIN/HERRENCHIEMSEE · Die Regierungschefin wechselt die Perspektive: Herrenchiemsee statt Kanzlerinnenamt. Zu ihrer Nachfolge will Angela Merkel beim inszenierten Treffen mit Markus Söder aber nichts sagen.

 An der Seite der Bundeskanzlerin: Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder mit Angela Merkel.

An der Seite der Bundeskanzlerin: Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder mit Angela Merkel.

Foto: dpa/Peter Kneffel

Sie ist in Bayern auch schon anders begrüßt worden. Aber diese düsteren Tage sind vorbei. Flüchtlingskrise und in jeder Hinsicht eisige Temperaturen bei einer CSU-Klausur in Wildbad Kreuth mit Angela Merkel als Gast – das ist vier Jahre her. An diesem Dienstagvormittag leuchtet der Himmel perfekt Weiß-Blau, so wie die Farben der Schutzmaske ihres Gastgebers. Am Abend zuvor noch ein Essen mit Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte auf Schloss Meseberg mit Beratungen über den EU-Gipfel und einen Ausweg aus der Libyen-Krise. Jetzt geht es für Merkel wieder in ein Schloss. An jenen Ort, an dem der Verfassungskonvent 1948 im Auftrag der Ministerpräsidenten eine Arbeitsgrundlage für das spätere Grundgesetz schuf. Schloss Herrenchiemsee.

An der Schiffsanlegestelle in Prien am Chiemsee jubeln ihr die Menschen zu. „Angie“-Rufe sind zu hören. Markus Söder verneigt sich kurz zur Begrüßung – im gebührenden Corona-Abstand. Dann steigen Söder und Merkel auf das Schiff, das sie nach Schloss Herrenchiemsee bringen wird. Dieser Tag soll auch wunderschöne Bilder produzieren. Eine kleine Bootspartie, eine Kutschfahrt mit Kanzlerin, ein Schloss, ja, da könnte doch auch der Eindruck entstehen: Ist das neben Merkel schon ihr Kronprinz? Ist das der nächste Kanzlerkandidat der Union?

Merkel drückt große Wertschätzung gegenüber Söder aus

Vielleicht will Merkel dazu etwas sagen. Kann man ja mal versuchen. Wie es um Europa stehe und ob Söder auch Kanzler kann, wird Merkel in der Pressekonferenz unter freiem Himmel mit Blick auf den Chiemsee im Hintergrund gefragt. Merkel kokettiert: „Ja.“ Kunstpause. Man könnte glauben, sie habe gerade „Ja“ zu Söders Fähigkeiten gesagt. Sie stellt dann verschmitzt klar. „Ja, ich beantworte Frage eins.“ Die Frage zu Europa. Dann kommt sie auf Söder zu sprechen, dem möglichen oder eventuellen oder potenziellen Kanzlerkandidaten der Unionsparteien. Die Lage sei wie folgt: „Als Bundeskanzlerin trete ich ja nicht mehr zur nächsten Wahl an.“ Deswegen habe sie sich zu der Frage, wer ihr Nachfolger werde, eine „besondere Zurückhaltung“ auferlegt. „Deshalb werde ich dazu in keiner Weise und in keinem Umfeld etwas kommentieren.“ Sie könne aber eines versichern: „Bayern hat einen guten Ministerpräsidenten. Und der hat mich heute eingeladen. Mehr können Sie da von mir nicht hören.“ Eine derartige Wertschätzung für Söder ist schon ein Wort, gerade bei Merkel, die höchstes Lob aus dem Mund des scheidenden US-Präsidenten Barack Obama für ihre Person („Wenn ich Deutscher wäre, wäre ich ihr Anhänger“) verlegen beschied: „Demokratie lebt vom Wechsel.“

Im 600 Kilometer entfernten Düsseldorf werden die Berater von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, der zur selben Stunde bei Feiern zum französischen Nationalfeiertag in Paris ist, jedenfalls sehr wohl registriert haben, dass Merkel in einer Zeit wie dieser dem bayerischen Kabinett ihre Aufmerksamkeit schenkt. Einige Stunden mit der Kanzlerin haben da doch eine gewisse Symbolkraft, auch wenn es sich glücklich fügt, dass Söder derzeit turnusgemäß für ein Jahr den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz innehat. Merkel will den Bayern ihr Programm der deutschen EU-Ratspräsidentschaft vorstellen.

Es gäbe noch 15 weitere Landeskabinette, bei denen Merkel ihr Programm vorstellen könnte, unter anderem der NRW-Regierung. Aber vier Tage vor dem eminent wichtigen EU-Gipfel über ein gigantisches, schuldenfinanziertes EU-Wiederaufbauprogramm nach der Corona-Krise, ist Merkel nun einmal nach Bayern geflogen. Die Bundeskanzlerin betont noch, „selbstverständlich“ würde sie auch andere (Landes-)Kabinette besuchen, wenn sie denn eingeladen würde. Aber da ist der Nürnberger Söder einigen seiner Ministerpräsidentenkollegen offenbar eine entscheidende Idee und vielleicht auch einen Schritt voraus.

Söder – mit Merkel per Du – würdigt die „sehr positive Wegstrecke“, die man gemeinsam mit der Kanzlerin vor allem in der Corona-Krise gegangen sei. Natürlich habe es Differenzen zwischen CDU und CSU gegeben in der Flüchtlingspolitik. Aber jetzt, wo es auch beim bevorstehenden EU-Gipfel „um Europa als Ganzes“ gehe, stehe Bayern voll an der Seite Merkels. „Es war ein toller Tag, nicht nur vom Ort und vom Wetter her, sondern auch inhaltlich“, schwärmt der Gastgeber noch. Es war ein toller Tag. Vor allem für Söder.

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