Bonner Tage der Demokratie So lief die Diskussionsrunde „Demokratie nach Corona“

Bonn · Gemeinsam mit dem General-Anzeiger diskutieren Experten bei den Bonner Tagen der Demokratie per Videochat zum Thema „Demokratie nach Corona – Wie wird unsere Gesellschaft funktionieren“.

 Über die Zukunft der Demokratie diskutierten zahlreiche Teilnehmer digital über das Videoportal „Zoom“. Es ging um das Thema „Demokratie nach Corona – Wie wird unsere Gesellschaft funktionieren“.

Über die Zukunft der Demokratie diskutierten zahlreiche Teilnehmer digital über das Videoportal „Zoom“. Es ging um das Thema „Demokratie nach Corona – Wie wird unsere Gesellschaft funktionieren“.

Foto: Benjamin Westhoff

Die Coronakrise hat unsere Gesellschaft erschüttert. Zu Recht stellen sich viele Menschen die Frage, ob es nach der Krise so weitergehen kann wie zuvor. Manche vertreten die Ansicht, man solle versuchen, möglichst schnell wieder zum Vor-Corona-Zustand zurückzukehren. Andere meinen, gerade jetzt sei die Zeit für tiefgreifende Veränderung gekommen.

Mit diesem Thema beschäftigte sich die Arenadiskussion im Rahmen der Bonner Tage der Demokratie. Sie fand am Donnerstagabend komplett digital über das Videoportal „Zoom“ statt. Zum Titel „Demokratie nach Corona – Wie wird unsere Gesellschaft funktionieren“ diskutierten die Politökonomin Maja Göpel, Philosophieprofessor Markus Gabriel von der Uni Bonn, Hans-Jürgen Urban aus dem IG-Metall-Vorstand und Volker Kronenberg, Politikwissenschaftler und Dekan der Philosophischen Fakultät der Uni Bonn.

Ebenfalls zugeschaltet war Luca Samlidis, Aktivist von Friday for Future Bonn. Moderiert wurde die Veranstaltung, die vom General-Anzeiger, der Uni Bonn und der Konrad-Adenauer-Stiftung unterstützt wurde, von Helge Matthiesen, Chefredakteur des GA, und Isabell Lisberg-Haag vom Trio MedienService, welcher die Bonner Tage der Demokratie im vergangenen Jahr entwickelt hatte. Rund 90 Zuschauer schalteten sich via Zoom zu, weitere 9000 Zuschauer riefen den Livestream bis Freitagvormittag auf.

Die Gesellschaft hat sich durch Corona bereits verändert – in diesem Punkt ist sich das Podium einig. „Jetzt wird wieder viel systemischer gedacht“, analysiert Göpel und verweist auf leere Supermarktregale und die Erntehelferdiskussion. Bei beidem hätten die Menschen erkannt, was wirklich systemrelevant sei. Gewerkschaftler Urban freut sich über die in der Krise zutage getretene „Alltagssolidarität“ und hofft, dass man diese nach der Krise „konservieren“ könne. Philosoph Gabriel bescheinigt der Gesellschaft gar einen „ganz bemerkenswerten moralischen Fortschritt“. Man habe das moralische Gebot, Menschenleben zu retten, ganz oben auf die Prioritätenliste gesetzt.

Trotz dieser Veränderungen hätten sich in der Krise jedoch auch alte Strukturen bewährt, so Politikwissenschaftler Kronenberg, wie zum Beispiel der Föderalismus. „Er hat sich in der heißen Phase sehr handlungsfähig gezeigt.“ Dass jetzt regional verschiedene Maßnahmen beschlossen würden, ergebe hinsichtlich des regional unterschiedlichen Infektionsgeschehen nur Sinn. „Föderalismus ist ja auch ein Prinzip des voneinander Lernens.“

Die Corona-Krise auch für den Klimaschutz nutzen

Jedoch erwartet Kronenberg Auswirkungen der Krise auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr. Die Wähler würden dann den Umgang mit der Krise und ihren Folgen für Bildung, Wirtschaft und Soziales mit einbeziehen. „Wahlen sind immer auch eine Abrechnung“, so der Politikwissenschaftler. Harte Auseinandersetzungen gehörten zu einer lebendigen Demokratie dazu. Jedoch würden 2021 auch andere Themen wieder im Fokus stehen, wie zum Beispiel der Klimawandel.

Darauf hofft auch Samlidis. Einerseits zeigte er sich während der Diskussion erfreut, dass in der Coronakrise so schnell von der Wissenschaft empfohlene Handlungen umgesetzt wurden. In Bezug auf das bisherige Handeln der Politik in Klimakrise könne man dann aber auch den Schluss ziehen: „Wollen die Verantwortlichen vielleicht nicht?“ Ein zentrales Argument von Fridays for Future lautet, die Politik würde Empfehlungen der Wissenschaft nicht umsetzen. Gewerkschaftler Urban fordert, die Krise auch für den Klimaschutz zu nutzen. „Öffentliche Gelder, die jetzt fließen, müssen Teil des ökologischen Umbaus sein.“

Schließlich sieht das Podium auch die Chance, die Gesellschaft durch die Krise grundlegend zu verändern. Göpel fordert ein „alternatives Wachstumsmodell, in dem systemrelevante Berufe aufgewertet werden.“ Philosophieprofessor Gabriel ergänzt, man brauche „ein der Demokratie angemessenes Menschenbild.“ Er kritisiert, dass bisher vor allem der Konsum im Mittelpunkt gestanden habe.

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