Feierlichkeit in Schloss Bellevue Steinmeier ermuntert Zugewanderte zur Einbürgerung

Berlin · Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier freut sich mit sechs Zugewanderten über deren Einbürgerung und betont zu 72 Jahren Grundgesetz die Verfassung als „Grundlage unseres Zusammenlebens“. Jeder könne seine Heimat selbst auswählen.

 Ghazal Ajdadi aus dem Iran spricht neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ihren Eid. Anlässlich des 72-jährigen Bestehens des Grundgesetzes erhielten im Schloss Bellevue mehrere neue Bürger ihre Urkunde.

Ghazal Ajdadi aus dem Iran spricht neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ihren Eid. Anlässlich des 72-jährigen Bestehens des Grundgesetzes erhielten im Schloss Bellevue mehrere neue Bürger ihre Urkunde.

Foto: dpa/John Macdougall

Zum Schluss die Nationalhymne. In Zeiten der Pandemie darf in Schloss Bellevue – auch mit Abstand – nicht laut mitgesungen werden. Aber zumindest mitgesummt haben sie – ihr Bekenntnis zu Deutschland. Sie kommen aus Ägypten, Iran, Israel, Großbritannien, Polen und mit türkischen Wurzeln aus dem Berliner Wedding. Zu dieser Mittagsstunde in Schloss Bellevue haben sie es dann amtlich und halten es als Urkunde auch in den Händen: Ghazal Ajdadi, Mariam Abouelfadl, Mustafa Bedel, Danuta Burgard, Christopher Rhys Howell und Meital Rozental sind jetzt deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger – mit allen Rechten, mit allen Pflichten. Sie haben soeben in Anwesenheit von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seiner Ehefrau Elke Büdenbender ihr Bekenntnis zum Grundgesetz abgelegt, das vor 72 Jahren am 23. Mai 1949 feierlich verkündet wurde.

Steinmeier sagt in seiner Einbürgerungsrede auch gleich: „Es gibt etwas zu feiern hier in Schloss Bellevue.“ Endlich kann der Bundespräsidenten an seinen Dienstsitz wieder echte Menschen versammeln, wenngleich noch in kleiner Zahl. Vor zwei Jahren, als das Grundgesetz gewissermaßen seinen 70. Geburtstag feierte, diskutierten im Garten von Schloss Bellevue noch 200 geladene Gäste – darunter auch aus Bonn und der Region – mit der Staatsspitze. „Sie sagen Ja zu Deutschland. Sie sagen Ja zu unserem Grundgesetz“, freut sich Steinmeier mit und über die sechs Neueingebürgerten, die jetzt auch einen deutschen Pass haben. Jede und jeder von ihnen hat seine ganz persönlichen Gründe für diesen Schritt. Mariam Abouelfadl, 1989 in Ägypten geboren und seit neun Jahren in Deutschland, sagt beispielsweise, für sie sei Deutschland die „auserwählte Heimat“. Gewissermaßen ein Privileg, denn immerhin habe man dabei auch die Auswahl, in welcher Heimat man leben wolle, wie der Bundespräsident deutlich macht. Die in Iran geborene Ghazal Ajdadi sagt denn auch in ihrer Dankesrede: „Nicht alle haben so viel Glück wie ich.“

Steinmeier betont und beruhigt, er glaube, ein Mensch könne „mehrere Heimaten haben“. Vor ihm sitzt mit den eingebürgerten Deutschen gewissermaßen die sechsfache Bestätigung dieser These. Einige von ihnen haben künftig zwei Pässe – „in der Welt von heute ist das nicht mehr ganz so ungewöhnlich“. Einige behalten ihren alten und nehmen gerne den neuen deutschen Pass. Wichtig sei, dass sie sich nur entschieden hätten, in Deutschland zu leben. Mehr noch: „Sie sagen: Ich möchte Bürgerin und Bürger dieses Staates, dieser Bundesrepublik Deutschland sein. Das ist eine große Entscheidung, ein großer Schritt.“

Deutsche plagten sich bis heute mit dem Heimatbegriff, so der Bundespräsident. Deutsche seien „pedantisch, ordnungsliebend und humorlos“, kurz: „bierernst eben“. Bier und Ernst, eine schöne deutsche Kombination. Steinmeier sagt: „Noch so ein deutsches Wort. Ich fürchte aber, jetzt gibt es kein Zurück mehr für Sie!“ Das Deutschland von heute sei „vielfältiger (…) als noch vor ein paar Jahrzehnten“. Es verstehe sich als weltoffen und ziehe auch Menschen aus der ganzen Welt an. In diesem Deutschland sei auch kein Platz für Antisemitismus, Rassismus, Hass auf Muslime, kein Platz für jede Form von Menschenfeindlichkeit. Dagegen stehe das Grundgesetz, Grundlage des Zusammenlebens hierzulande. „Es garantiert Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Religionsfreiheit, Gleichberechtigung, Meinungsfreiheit, das Recht auf freie Entfaltung.“

Der erste Mann im Staate ist dann noch bei der „wichtigsten Nebensache der Welt“: Fußball. Zuwanderung habe Deutschland verändert. Und das Land brauche Zuwanderung – vor allem wegen der Alterung seiner Gesellschaft. Doch ohne Gerald Asamoah, die Brüder Boateng oder Lukas Podolski und andere hätte der deutsche Fußball seine Höhenflüge nicht erleben. Podolski und Boateng mit den vier Sternen über dem Bundesadler auf dem Trikot konnten zu anderen Zeiten die Nationalhymne allerdings noch laut mitsingen. Aber auch das kommt in Schloss Bellevue wieder.

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