Schulepolitik in Deutschland Streit um Unterricht für Flüchtlinge

Düsseldorf · Schulministerin Löhrmann weist die Vorwürfe zurück, sie wolle die Vorbereitungsklassen auflösen. Die FDP spricht von einer "integrationspolitische Geisterfahrt" der Grünen-Politikerin.

 Unterricht für Flüchtlinge: Künftig heißen die Vorbereitungsklassen „Sprachfördergruppen“, so Schulministerin Löhrmann.

Unterricht für Flüchtlinge: Künftig heißen die Vorbereitungsklassen „Sprachfördergruppen“, so Schulministerin Löhrmann.

Foto: dpa

Der Streit um einen Erlass des NRW-Schulministeriums zum Unterricht für Flüchtlingskinder weitet sich aus. Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) verteidigte den Erlass gegen jede Kritik. Im Grunde gälten weiterhin die gleichen Regeln wie vorher, versicherte die Ministerin: „Ziel bleibt die zügige Integration von Flüchtlingskindern in den regulären Unterricht.“

Gegen den Erlass protestieren nicht nur FDP, CDU und Piraten im Landtag, sondern auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie der Verband Lehrer NRW. Sie vermuten dahinter den Plan, die speziell für Flüchtlinge eingerichteten Vorbereitungsklassen aufzulösen und die Kinder von Anfang an im Regelunterricht unterzubringen.

FDP-Fraktionsvize Joachim Stamp sprach von einer „integrationspolitischen Geisterfahrt der grünen Sonnenkönigin“ (gemeint ist Sylvia Löhrmann, Anm. d. Redaktion). Stamp und seine Fraktionskollegin Yvonne Gebauer nahmen den Erlass sogar zum Anlass, den Ausstieg der FDP aus den Gesprächen der Landtagsfraktionen über einen Integrationsplan für NRW zu verkünden.

CDU-Landeschef Armin Laschet reagierte entsetzt auf die harte Reaktion der Liberalen. „Das ist kein Grund, den Integrationsplan scheitern zu lassen. Ich hoffe, dass die FDP an den Tisch zurückkehrt. Wenn es um Integration geht, brauchen wir den Konsens der fünf Fraktionen im Landtag“, sagte Laschet. Streit um Details zwischen den Fraktionen dürfe nicht auf dem Rücken von Flüchtlingen ausgetragen werden. Ähnlich äußerte sich anschließend Sylvia Löhrmann.

„Vorbereitungs- oder Auffangklasse“ wird durch „Sprachfördergruppe“ ersetzt

Sie versteht die Aufregung um den Erlass nicht. „Das ist kein Teufelszeug und kein Anlass, Theater zu machen“, findet sie. Es gehe nur um Details. Die bisherigen Begriffe „Vorbereitungs- oder Auffangklasse“ würden durch „Sprachfördergruppe“ ersetzt. Im Übrigen könnten die Schulen weitgehend selbst entscheiden, wann sie Flüchtlingskinder in den Regelunterricht schickten.

Löhrmann empfiehlt aber, diese Kinder schnell zu integrieren. „Wir möchten nicht zurück in die 70er Jahre, als manche Kinder ihre ganze Schulzeit in Ausländerklassen verbringen mussten“, so Löhrmann. Während im bisherigen Erlass die sofortige Integration der Flüchtlinge in den Regelunterricht „rechtswidrig“ genannt wird, soll sie künftig „jederzeit möglich“ sein, „je nach Lernfortschritt“.

Außerdem, so Löhrmann, gebe es heute mitnichten überall im Land separate Klassen für Flüchtlingskinder. Der Streit um den Erlass eskalierte am Donnerstag. FDP-Chef Christian Lindner kritisierte den „schwarz-grünen Konsens“ in Integrationsfragen. Sein Fraktionsvize Stamp sprach von einem „völligen Irrweg“. Rot-Grün habe „aus den Fehlern im Umgang mit den Einwanderern der 50er und 60er Jahre nichts gelernt“.

Löhrmann wehrte sich zudem gegen anhaltende Kritik an den Lernbedingungen an den Grundschulen in NRW. Das Grundschulkonzept, auf das sich SPD und Grüne im Jahr 2011 geeinigt hätten, habe zu messbaren Erfolgen geführt. In den vergangenen fünf Jahren sei die Zahl der übergroßen Klassen mit 30 und mehr Erstklässlern von 199 auf nur noch 40 im Schuljahr 2015/16 zurückgegangen.

Rückgang von fast 80 Prozent

„Das ist ein Rückgang von fast 80 Prozent“, rechnete die Ministerin vor. Zuletzt hätten von 7581 Eingangsklassen nur drei mehr als 33 Schüler gehabt. 25 Klassen seien auf 30 Schüler gekommen. Die Grundschulen seien heute im Schnitt größer als vor fünf Jahren. Aus der Sicht der Landesregierung eine gute Entwicklung: Kleine Schulen hätten „weniger Spielräume“ für guten Unterricht.

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