Ärmere Kinder im Nachteil Studie: Herkunft entscheidet oft über Bildungschancen

Berlin · Fortschritte bei frühkindlicher Bildung, exzellente Berufschancen durch höhere Abschlüsse - Deutschland steht bei der Bildung gut da. Aber viele bleiben auch abgehängt.

 Die OECD hat eine neue Bildungsstudie erstellt.

Die OECD hat eine neue Bildungsstudie erstellt.

Foto: Marijan Murat

Kinder aus ärmeren und eingewanderten Familien schaffen in Deutschland oft keinen Aufstieg durch Bildung. Für die Mehrheit der jungen Menschen sind die Bildungs- und Berufschancen dagegen gut bis ausgezeichnet.

Lehrer verdienen zudem hierzulande im internationalen Vergleich besonders viel. Das zeigt eine neue Studie, die die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Berlin präsentierte.

Zu den Fortschritten zählt, dass weit mehr Kinder als früher eine Kita besuchen. Der Anteil der Unter-Drei-Jährigen, die in frühkindliche Bildungseinrichtungen gehen, stieg von 17 Prozent 2005 auf 37 Prozent 2016. Allerdings profitieren Kinder von Müttern mit hohen Abschlüssen sogar zur Hälfte von frühkindlicher Bildung. Dabei ist der Betreuungsschlüssel in Deutschland überdurchschnittlich: Knapp zehn Kinder kommen auf eine Kita-Erzieherin - OECD-weit sind es mehr als 14.

OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher hob die Fortschritte bei der frühkindlichen Bildung hervor, betonte aber: "Kinder aus ungünstigen sozialen Schichten, die es am dringendsten brauchen, bekommen in Deutschland am wenigsten frühkindliche Bildung. Diese soziale Schere ist das Gegenteil von dem, was wir brauchen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Der Anteil junger Erwachsener ohne Abitur oder Berufsabschluss sank binnen zehn Jahren leicht von 15 auf 13 Prozent. Diese jungen Menschen landen aber weiterhin besonders oft in der Arbeitslosigkeit - die Beschäftigungsquote liegt hier nur bei 55 Prozent. "Das ist auch gesellschaftlich ein Problem", sagte der Leiter des Berliner OECD-Büros, Heino von Meyer. Schleicher sagte: "Wir stehen hier vor enormen Herausforderungen." Akademiker oder Meister bekommen zu 87 Prozent einen Job.

Dabei sind die Berufsaussichten auch nach einer Ausbildung gut. "Denjenigen, die nicht studieren möchten, bieten Berufsqualifikationen in Deutschland einen sicheren Weg in die Beschäftigung", so die OECD.

Schwer haben es junge Menschen mit Migrationshintergrund. So sind 24 Prozent nicht in Beschäftigung, Bildung oder Ausbildung. Bei denen, die erst mit 16 Jahren oder später ins Land gekommen sind, sind es sogar 32 Prozent. Schleicher betonte, dass der Unterschied bei den Chancen zwischen im Land und im Ausland geborenen Kindern in Deutschland besonders hoch sei. Er führte dies aber auch auf die hohen Einwandererzahlen ab 2015 zurück. Insgesamt ist fast jeder zehnte 18- bis 24-Jährige nicht in Arbeit, Bildung oder Ausbildung.

"Es gibt Erfolge, und manches läuft auch gut", sagte von Meyer. Vieles sei aber verbesserungswürdig. "Deutschland muss besser werden, wenn es sich erfolgreich den Herausforderungen der Zukunft stellen will." So seien über 40 Prozent der Lehrer hierzulande über 50 Jahre alt. "Absehbar werden hunderttausende neue Lehrer gebraucht."

Bei den Lehrergehältern liegt Deutschland mit an der Spitze. Lehrer der Sekundarstufe I verdienen im Schnitt gut 54 000 Euro, fast doppelt so viel wie im OECD-Schnitt.

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) sagte: "Natürlich gibt es noch eine Menge zu tun, doch die Fortschritte sind erkennbar und deutlich." Das Bildungssystem eröffne Chancen, berufliche und akademische Bildung seien gleichwertige Karrierealternativen. "Chancengerechtigkeit ist und bleibt unser Ziel." Der Präsident der Kultusministerkonferenz, Thüringens Ressortchef Helmut Holter (Linke), forderte höhere Bildungsausgaben: "Länderhaushalte müssen Bildungshaushalte werden." Der DGB forderte die Koalition auf, ihre Versprechen unter anderem für mehr Geld für die Schulen einzulösen.

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