Sauerlandgruppe Türkei lässt abgeschobenen Islamisten laufen

Düsseldorf · Adem Y. war Mitglied der Sauerlandgruppe. In Deutschland hat er seine Haftstrafe abgesessen, in den USA läuft noch ein Prozess gegen ihn. Nach der Abschiebung in die Türkei wurde er nun laufen gelassen. Die Amerikaner sind wütend.

 Der im sogenannten Sauerland-Prozess Angeklagte Adem Y. blättert im Verhandlungssaal des Oberlandesgerichtes in einem Aktenordner.

Der im sogenannten Sauerland-Prozess Angeklagte Adem Y. blättert im Verhandlungssaal des Oberlandesgerichtes in einem Aktenordner.

Foto: dpa

Ein Mitglied der sogenannten Sauerlandgruppe ist kurz nach seiner Abschiebung in die Türkei von den dortigen Behörden auf freien Fuß gesetzt worden. „Sie haben Adem Y. nach einer Sicherheitsüberprüfung nach etwa zwei bis drei Tagen freigelassen“, bestätigte sein Anwalt Michael Murat Sertsöz unserer Redaktion. „Er hat seine Haftstrafe vollständig abgesessen. Gegen ihn liegt in Deutschland und der Türkei nichts mehr vor. Er saß auch wesentlich länger im Gefängnis als die anderen Mitglieder der Sauerlandgruppe“, sagte Sertsöz. Wo sein Mandant sich jetzt befinde, könne er nicht sagen: „Ich habe seitdem keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt.“

Y. war Anf ang Februar 2019 in die Türkei abgeschoben worden. Der islamistische Terrorist hatte in Deutschland eine mehr als elfjährige Haftstrafe verbüßt. Der heute 40-Jährige war Teil der Terrorzelle, die eine Reihe von Sprengstoffanschlägen in Deutschland geplant hatte. Er war im Jahr 2007 in Medebach-Oberschledorn im Sauerland festgenommen worden. Zu seiner Freiheitsstrafe hatte ihn das Oberlandesgericht Düsseldorf wegen Verabredung zum vielfachen Mord und Mitgliedschaft in der ausländischen Terrorgruppe Islamische Dschihad-Union verurteilt.

Die USA hatten Y.s Abschiebung in die Türkei massiv kritisiert. Die US-Justiz wollte, dass Y. den Amerikanern ausgeliefert wird. In New York läuft gegen ihn ein Verfahren. Die US-Justiz wirft ihm unter anderem vor, an einem Selbstmordanschlag beteiligt gewesen zu sein, bei dem in Afghanistan US-Soldaten getötet wurden. Zudem soll er an Angriffen auf Soldaten beteiligt gewesen sein. Das Oberlandesgericht Frankfurt h atte die Auslieferung an die Vereinigten Staaten abgelehnt. „Wir hatten Grund zu der Annahme, dass er in den USA noch einmal für etwas verurteilt wird, wofür er schon verurteilt worden ist“, erklärte eine Sprecherin des Gerichts.

US-Justizminister Matthew Whitaker hatte daraufhin mitgeteilt, dass man über diese Entscheidung zutiefst enttäuscht sei. „Die deutsche Regierung hat Adem Y. vorsätzlich geholfen, sich der Gerechtigkeit zu entziehen, indem sie ihn in ein Flugzeug in die Türkei gesetzt hat“, kritisierte Whitaker.

Y.s Freilassung in der Türkei dürfte in den Vereinigten Staaten nun weitere Kritik an Deutschland hervorrufen. Sertsöz hält das auf jeden Fall für möglich. „Den deutschen Behörden kann man aber keinen Vorwurf machen. Die haben aus meiner Sicht alles richtig gemacht“, sagte der Rechtsanwalt.

Vor zwölf Jahren hatten die vier Islamisten der Sauerlandgruppe geplant, Sprengstoffa nschläge auf US-Kasernen, in Diskotheken, Flughäfen und anderen amerikanischen Einrichtungen in der Bundesrepublik zu verüben. Die Männer um den zum Islam konvertierten deutschen Anführer Fritz G. waren 2006 in einem Terrorcamp der Islamischen Dschihad-Union ausgebildet und auf die Autobombenanschläge vorbereitet worden. Die Gruppe war nach monatelanger Beschattung aufgeflogen.

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