Erdogan-Kritik auf der Autobahn Türkisches Generalkonsulat will Graffitis entfernen lassen

Düsseldorf/Essen · Das türkische Generalkonsulat ist wütend wegen Erdogan-Kritik an der Autobahn A40 und fordert Straßen.NRW auf, die Graffitis zu entfernen. Der Landesbetrieb reagiert jedoch gelassen.

Türkische Diplomaten protestieren gegen Erdogan-kritische Schriftzüge an der Autobahn A40 mitten im Ruhrgebiet. Das türkische Generalkonsulat hat die Chefin des Landesbetriebes Straßen.NRW in einem Brief aufgefordert, die bis zu 30 Meter langen Graffitis sofort entfernen zu lassen. „Die Schriftzüge beleidigen den türkischen Präsidenten und stellen eine Straftat dar“, heißt es in dem Schreiben an Elfriede Sauerwein-Braksiek. Aber Straßen.NRW wird auf die energische Forderung vorerst nicht reagieren. „Wir können nicht zeitnah jedes Graffiti an der A40 entfernen. Solche Reinigungsarbeiten beeinträchtigen den Verkehr. Lange Staus wären die Folge“, sagte Sprecherin Ingrid Scholtz dieser Zeitung.

In der Nähe der Ausfahrt Gelsenkirchen-Süd und des Bochumer Tunnels haben Unbekannte mindestens sieben gut sichtbare Sprüche auf Lärmschutzwände und Trafokästen gesprüht, die dem Konsulat aufgefallen sind. Die Graffitis sind zwischen fünf und 30 Meter lang und richten sich unmissverständlich gegen den türkischen Präsidenten: „Erdogan Faschismus stoppen“, heißt es zum Beispiel, „Erdogan Hundesohn“ oder „Widerstand gegen die Trumps, Höckes und Erdogans“. Der längste Spruch prangt nahe der Ausfahrt Gelsenkirchen-Süd: „Solidarität mit Frauen, Kurden, Aleviten und Linken“.

Straßen.NRW hat zwar Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Sachbeschädigung erstattet, sieht aber keinen Grund, schnell die Putzkolonne rauszuschicken. Unzählige Graffitis „zieren“ die bekannte Ruhrgebiets-Autobahn, und täglich kommen neue hinzu. Warum also sollte man ausgerechnet bei diesen sofort eine Reinigungsaktion durchführen?, fragt man sich bei Straßen.NRW. Das Konsulat muss sich nun wohl gedulden, bis an diesen Stellen normale Straßenbauarbeiten anstehen und damit der Verkehr sowieso beeinträchtigt wird. Sofort eingreifen würde der Straßenbetrieb bei einem gesprühten Mordaufruf wie „Tötet ...“. Nicht in diese ernst zu nehmende Kategorie gehören Sätze wie „Tod und Hass dem S04/dem BVB“.

Die innertürkischen Konflikte spiegeln sich inzwischen überall in Europa auf Plakaten, Aufklebern und Graffitis, und die türkischen Behörden verstehen dabei keinen Spaß. In Berlin haben Erdogan-Gegner während des laufenden Verfassungs-Referendums „Nein zur Diktatur in der Türkei“-Plakate aufgehängt. In Bern wurde bei einer Demo ein Transparent hochgehalten, das Erdogan mit einer auf sich selbst gerichteten Pistole zeigte. Im vergangenen Jahr rollte eine „Erdobahn“ mit einem riesigen Schmäh-Graffiti durch Zürich. Der Protest der Türkei ließ nicht lange auf sich warten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Noch nicht aufgewacht
Kommentar zum Treffen zwischen Scholz und Sunak Noch nicht aufgewacht
Zum Thema
Aus dem Ressort