Unicef-Studie Ungleichheit bei Kindern wächst

Paris · Die Einkommenslücke zwischen Kindern aus armen Familien und solchen aus der Mitte der Gesellschaft ist in vielen Industriestaaten größer geworden. Und auch in anderen Bereichen gibt es große Ungleichheiten.

 Auch bei der Bildung sind die Unterschiede weiterhin deutlich.

Auch bei der Bildung sind die Unterschiede weiterhin deutlich.

Foto: dpa

Gerade in wohlhabenden Ländern vergrößert sich die Kluft zwischen reichen und benachteiligten Kindern, ob bei der Gesundheit, ihrer allgemeinen Lebenszufriedenheit oder der Bildung. Die zehn Prozent der sozial schwächsten Minderjährigen bleiben zunehmend hinter dem Durchschnitt zurück. Diese Ergebnisse einer internationalen Vergleichsstudie, in der sie die Situation in 41 Industrieländern der EU und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung umfassend beleuchtet, hat das UN-Kinderhilfswerk Unicef gestern in Paris vorgestellt.

Am wenigsten ausgeprägt sind demnach die Unterschiede in Dänemark, während sie sich besonders stark in Israel und auch in der Türkei zeigen. Deutschland liegt dabei mit Platz 14 im oberen Mittelfeld, gemeinsam mit Griechenland, Ungarn und Großbritannien. „Die Kluft zwischen den Einkommen der unteren zehn Prozent und dem Durchschnitt ist zwischen 2008 und 2013 relativ stabil geblieben“, schreiben die Autoren der Studie über die Situation in der Bundesrepublik.

„Ohne Sozialtransfers wäre sie jedoch fast ein Drittel größer.“ Trotz dieser positiven Ergebnisse wachsen 42 Prozent der ärmsten Kinder in Deutschland in Haushalten auf, in denen man sich „wichtige Güter“ nicht leisten kann – sei das ausreichender Wohnraum oder Heizung, Fleisch oder eine Waschmaschine.

„Ungleichheiten können weitere Ungleichheiten verstärken“, wird beklagt. So fühlten sich Kinder aus den ärmsten Haushalten unzufriedener, hätten eine schlechtere Bildung, bewegten sich weniger und ernährten sich ungesünder. Geringere Zufriedenheit stehe in vielen Ländern auch in Zusammenhang mit Mobbing, so die Unicef: Betroffen seien Migrantenkinder in Deutschland, Island, Irland, Italien, Spanien und den USA.

13- bis 15-jährige Mädchen fühlen sich oft nicht wohl

Die glücklichsten Kinder leben der Studie zufolge in den Niederlanden, gefolgt von Australien, Dänemark und Griechenland. Von den deutschen Jugendlichen geben 8,4 Prozent auf einer Skala von eins bis zehn ihre Lebenszufrieden mit vier oder weniger an. Dabei gibt es „erkennbare Unterschiede“ zwischen den Geschlechtern und verschiedenen Altersgruppen: Gerade 13- bis 15-jährige Mädchen fühlen sich demnach oft nicht wohl in ihrem Leben.

Was die Bildung in der Bundesrepublik angeht, so konnte die Kluft bei der Lesekompetenz zwar verringert werden, doch liegt das Land im Vergleich immer noch im unteren Drittel der Gesellschaft. Im Bereich der Gesundheit hingegen gelang es, die Kluft zu verringern: Demnach erreicht Deutschland den zweiten Platz von 35 untersuchten Ländern; lediglich in Österreich entscheidet die soziale Herkunft noch weniger über gesundheitliche Probleme von Kindern.

Insgesamt wird die Lage in der Studie als „ernüchternd“ bezeichnet: So wuchsen die Einkommensunterschiede in den meisten reichen Ländern seit Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise – ganz besonders ausgeprägt sei diese Entwicklung in den südeuropäischen Ländern. „In Zypern, Griechenland, Italien, Portugal und Spanien sind die ärmsten Kinder in einer sehr schwierigen Lage“, heißt es.

So fordern die Autoren des Berichtes die Regierungen auf, Gerechtigkeit für Kinder zu fordern. Das beginne bei Sozialtransfers, betreffe bessere Bildungschancen für benachteiligte Kinder mit einer Fokussierung auf die Schwächeren, aber auch die Förderung einer gesünderen Lebensweise für alle Kinder durch Gesundheitskampagnen. „Alle Kinder profitieren, wenn die Ungleichheit sinkt“, heißt es.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Bekenntnis zur Truppe
Kommentar zum Veteranentag Bekenntnis zur Truppe
Nicht ohne Nachteil
Kommentar zur Wahlrechtsreform Nicht ohne Nachteil
Aus dem Ressort