Kommentar zum Elterngeld Väter im Wandel

Meinung | Bonn · Seit zehn Jahren gibt es in Deutschland Elterngeld. Es hat dafür gesorgt, dass die Rolle der Väter in der Erziehung kleiner Kinder größer geworden ist.

 Für mehr als jedes dritte Kind, das 2014 geboren wurde, nahm sich nicht nur die Mutter, sondern auch der Vater Elternzeit.

Für mehr als jedes dritte Kind, das 2014 geboren wurde, nahm sich nicht nur die Mutter, sondern auch der Vater Elternzeit.

Foto: picture alliance / dpa

Es hat keine Revolution ausgelöst, aber eine langsame gesellschaftliche Entwicklung mit angeschoben: Seit zehn Jahren gibt es in Deutschland das Elterngeld. Es steht Eltern in den ersten 14 Monaten nach der Geburt eines Kindes zu. Die Höhe liegt bei 65 Prozent des Einkommens vor der Geburt, bei Einkommen unter 1000 Euro bis zu 100 Prozent.

Beruf und Familie sollten damit besser vereinbar werden, hatten sich die Initiatoren auf die Fahnen geschrieben. Nun, in dieser Beziehung gibt es natürlich auch heute noch viel Luft nach oben. Aber ein Fortschritt ist mit dem Elterngeld verknüpft: Die Rolle der Väter in der Erziehung kleiner Kinder ist größer geworden.

Vor der Einführung des Elterngeldes hatten nur durchschnittlich etwa drei Prozent der Väter eine berufliche Auszeit für die Kindererziehung genommen. Heute nehmen schon bei jedem dritten Neugeborenen Väter das Elterngeld in Anspruch. Das treibt einen gesellschaftlichen Wandel voran, der die Beziehung von Vätern und Kindern enger werden lässt. Auch wenn die meisten von ihnen lediglich die zwei Monate in Anspruch nehmen, die vom Staat zusätzlich an Elterngeld bezahlt werden, wenn sich der zweite Elternteil an der Zeit beteiligt. Es ist also für einige Familien schlicht ein Mitnahmeeffekt der staatlichen Leistungen. Das deutet darauf hin, dass die Rollen junger Eltern immer noch eher traditionell verteilt sind. Die Internationale Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen bezeichnet die aktive Vaterschaft allerdings völlig zu Recht als „eine der wichtigsten gesellschaftlichen Veränderungen des 21. Jahrhunderts“. Sie eröffnet nicht nur Vätern neue Perspektiven , sondern ist eine positive Veränderung für die Gesellschaft. Denn aus Vätern, die selbst Erziehungsarbeit und berufliche Karriere verknüpfen, werden eher Chefs, die kreative Arbeitszeitmodelle fördern, die auch ihren Mitarbeitern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern. Ob das Elterngeld auch einen anderen Anspruch eingelöst hat, nämlich die Geburtenrate zu erhöhen, wird sich wissenschaftlich wohl nie nachweisen lassen. Allerdings ist die Geburtenziffer in Deutschland so hoch wie seit mehr als 30 Jahren nicht mehr. Durchschnittlich 1,50 Kinder bekam jede Frau 2015, 2013 waren es erst 1,37 Kinder.

Für die Familienpolitik in Deutschland stellt sich vor allem die Herausforderung, wie es nach dem Elterngeldbezug weitergeht. Solange Kitaplätze in manchen Städten eine hartumkämpfte Rarität sind, bleibt der Wiedereinstieg in den Job ein Luxus für Besserverdienende, die sich eine Tagesmutter leisten können. Auch Ganztagsschulen sind in Deutschland nicht sehr weit verbreitet. Doch auch hier wird sich in den nächsten Jahren etwas tun. Denn der Druck aus der Wirtschaft wächst. Für Unternehmen ist ein höherer Anteil von erwerbstätigen Frauen schlicht ein Mittel gegen Fachkräftemangel.

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