Geständnis im Stern Vor 50 Jahren erschien „Wir haben abgetrieben“

Special · Vor 50 Jahren, am 6. Juni 1971, bekannten sich im Wochenmagazin „Stern“ 374 Frauen dazu, abgetrieben zu haben. Sie forderten die Abschaffung des Paragrafen 218. Die bahnbrechende Aktion wurde zur Initialzündung für die Frauenbewegung in Deutschland.

  Mein Körper, meine Entscheidung?  Bis heute protestieren Frauen weltweit und fordern ein Recht auf Abtreibung – so wie hier in Chile. Die Thematik bleibt weiterhin hochumstritten.

Mein Körper, meine Entscheidung? Bis heute protestieren Frauen weltweit und fordern ein Recht auf Abtreibung – so wie hier in Chile. Die Thematik bleibt weiterhin hochumstritten.

Foto: picture alliance/dpa/Agencia Uno/Sebastian Beltran Gaete

Die Selbstanzeige auf dem Titelbild des Stern vom 6. Juni 1971 ist unmissverständlich, offensiv und provokant: „Wir haben abgetrieben“ steht auf einem mattgelben Banner, das sich von links unten nach rechts oben über eine aus 28 Fotos zusammengesetzte Collage zieht. Sie zeigt Schauspielerinnen wie Romy Schneider, Senta Berger, Veruschka von Lehndorff, Vera Tschechowa und Sabine Sinjen – ergänzt um die Bilder von Lehrerinnen, Studentinnen, Arbeiterinnen, Hausfrauen. Sie alle stehen stellvertretend für die insgesamt 374 Frauen, die das Bekenntnis unterschrieben haben. Das Cover, das der Stern inzwischen (aus nicht näher bezeichneten „rechtlichen Gründen“) nicht mehr zum Abdruck freigibt, zählt fraglos zu den berühmtesten Titelbildern deutscher Mediengeschichte. Und es steht symbolisch für die Stunde Null, die Initialzündung der deutschen Frauenbewegung: Aus der Selbstanzeige der 374 hat sich ein bundesweiter weiblicher Protest formiert, und die daran beteiligten Frauen haben dabei erfahren, dass der Verbund mit Gleichgesinnten trägt und ermutigt – auch weit über Paragraf 218 des Strafgesetz­buches hinaus.