Kommentar zur Terrorgefahr in Deutschland Vorbereitet bleiben

Meinung | Berlin · Der Kampf gegen den Terrorismus bleibt eine Langzeit-Herausforderung, weil Terrororganisationen wie Al Kaida und IS über ein nahezu unerschöpfliches Reservoir von fanatisierten Kriegern verfügen.

 Vorführung am Bundesgerichtshof: Drei Polizisten bringen einen der Verdächtigen zum Ermittlungsrichter in Karlsruhe.

Vorführung am Bundesgerichtshof: Drei Polizisten bringen einen der Verdächtigen zum Ermittlungsrichter in Karlsruhe.

Foto: dpa

Der nächste Beleg ist geliefert: Deutschland bleibt im Fadenkreuz des internationalen Terrorismus. Auch nach den Festnahmen von drei Terrorverdächtigen, die ausweislich ihrer vermutlich gefälschten Dokumente aus Syrien stammen sollen, hat sich an der Sicherheitslage in Deutschland nichts verändert. Die Terrorgefahr ist unverändert ernst, auch wenn sie aktuell nicht konkret, sondern abstrakt ist, was trotzdem keine Entwarnung bedeuten kann. Aktionismus und Panikmache helfen nicht, Wachsamkeit und Augenmaß schon.

Die Terrormiliz des selbsternannten Islamischen Staates hat den Westen insgesamt im Visier. Deutschland gehört seit Langem zu ihrem Zielgebiet, was nicht zuletzt auch die ermittelten Kontakte des Selbstmordattentäters von Ansbach belegt haben. Dieses Mal haben Fahnder der Polizei und Zuträger der Nachrichtendienste zugeschlagen, bevor die drei Syrer einen konkreten Auftrag für einen Anschlag in Deutschland erhalten haben. Vermutlich sollten sie als sogenannte „Schläferzelle“ auf ihren Befehl warten.

Die drei Terrorverdächtigen sollen im November vergangenen Jahres mit vielen anderen Zehntausenden Flüchtlingen nach Deutschland eingereist sein. Doch es wäre sehr blauäugig anzunehmen, der IS bräuchte tatsächlich einen Flüchtlingsstrom, um Gefährder nach Europa zu bringen, auch wenn er sie so gut schleusen konnte. Flüchtlinge generell unter Terrorverdacht zu stellen, ist ebenso falsch, wie es für das Sicherheitsgefühl im Lande unverantwortlich wäre. Aktuell laufen etwa 60 Ermittlungsverfahren gegen Flüchtlinge wegen eines Terrorverdachts. Gemessen an Hunderttausenden Menschen, die – größtenteils ohne gültige Papiere und anfangs ohne ausreichende Registrierung in Deutschland – aus Syrien, Irak oder Afghanistan eingereist sind, ist das eine Quote im Promillebereich.

Deutschland hat bislang keinen schweren Terroranschlag erleben müssen, weil Ermittler wie im Falle der 2007 festgenommenen Mitglieder der sogenannten Sauerland-Zelle rechtzeitig zur Stelle waren. Oder weil Zünder wie 2006 im Falle der Kofferbomben in Regionalzügen oder am Bonner Hauptbahnhof nicht funktionierten beziehungsweise fehlten. Doch eine Garantie dafür, dass die Terrorabwehr, die in Deutschland grundsätzlich steht und funktioniert, auch zu jedem Zeitpunkt rund um die Uhr Gefahren abhält, kann es nicht geben. Denn es gehört ja gerade zum Wesen von Terror, dass er aus dem Nichts zuschlägt und die Menschen unvorbereitet aus ihrem Alltag reißt.

Der Kampf gegen den Terrorismus bleibt eine Langzeit-Herausforderung, weil Terrororganisationen wie Al Kaida und IS über ein nahezu unerschöpfliches Reservoir von fanatisierten Kriegern verfügen, die bereit sind, ihr Leben wegzuwerfen. Ihr Kampf gegen alle „Ungläubigen“ geht weiter. Darauf muss ein Land wie Deutschland vorbereitet bleiben.

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