Bundesversammlung am 13. Februar Wie funktioniert die Wahl des Bundespräsidenten?

Berlin · Am heutigen Sonntag wählt die Bundesversammlung das neue Staatsoberhaupt. Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier tritt erneut an. Wir erklären, wie die Wahl abläuft und wer daran teilnimmt.

 Frank-Walter Steinmeier (SPD) winkte 2017 nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten den Delegierten der Bundesversammlung zu.

Frank-Walter Steinmeier (SPD) winkte 2017 nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten den Delegierten der Bundesversammlung zu.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Muss Frank-Walter Steinmeier jetzt seinen Amtssitz im Schloss Bellevue räumen? Danach sieht es derzeit zwar nicht aus. Dennoch wird die Bundesversammlung am heutigen Sonntag, den 13. Februar. mit Spannung erwartet. Dass das Staatsoberhaupt zwei Amtszeiten absolviert, ist eher die Ausnahme.

Mit Theodor Heuss, Heinrich Lübke und Richard von Weizsäcker standen bisher nur drei Bundespräsidenten zehn Jahre an der Spitze des Staates. Horst Köhler trat während der zweiten Amtszeit zurück. Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um die größte parlamentarische Versammlung der Bundesrepublik.

Warum wird der Bundespräsident von der Bundesversammlung gewählt?

Der Bundespräsident hat das höchste Staatsamt Deutschlands inne. Die Kompetenzen des Bundespräsidenten sind jedoch deutlich eingeschränkter, vergleicht man sie etwa mit den Befugnissen des Reichspräsidenten in der Weimarer Republik. Dieser hatte das Recht, mit Notverordnungen zu regieren. Der Bundespräsident kann dies nicht.

Das Grundgesetz hat Lehren aus dem Niedergang der Demokratie und der Machtergreifung der Nationalsozialisten gezogen und kein starkes Staatsoberhaupt mehr vorgesehen. Die indirekte Wahl des Bundespräsidenten trägt dem Rechnung. Der Reichspräsident wurde einst direkt vom Volk gewählt. Der Bundespräsident wird durch die Bundesversammlung bestimmt. 

Wie setzt sich die Bundesversammlung zusammen?

Die Bundesversammlung besteht aus allen Mitgliedern des Deutschen Bundestages. Hinzu kommt eine gleiche Anzahl von Menschen, die in den Parlamenten der Bundesländer für die Teilnahme an der Bundesversammlung gewählt wurden. Das können auch Prominente aus der Gesellschaft sein, wie beispielsweise Schauspieler oder Sportler. Die einzige Aufgabe der Bundesversammlung als Verfassungsorgan ist die Wahl des Bundespräsidenten für eine Amtszeit von fünf Jahren. Es nehmen 1472 Mitglieder an ihr teil.

Wer waren die bisherigen Bundespräsidenten in Deutschland?
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Das waren die bisherigen Bundespräsidenten

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Wahl des Bundespräsidenten: Wo trifft sich die Bundesversammlung?

Unter normalen Umständen würde die Bundesversammlung im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes tagen. Dazu würde dort die Zahl der Sitzplätze verdoppelt. Dies ist unter Corona-Bedingungen aber nicht möglich. Deshalb weicht die Bundesversammlung auf das benachbarte Paul-Löbe-Haus aus. Der achtgeschossige Bau mit seinen rund 1000 Büros und 21 Sitzungssälen bietet mehr Platz. Die Mitglieder der Bundesversammlung werden dort auf mehreren Ebenen platziert - viele von ihnen werden daher den bisherigen und voraussichtlich neuen Bundespräsidenten nur auf dem Bildschirm und nicht persönlich zu sehen bekommen.

Wer nimmt für die Parteien an der Bundespräsidenten-Wahl teil?

Neben den Bundestagsabgeordneten haben die Landesparlamente bereits prominente Personen genannt, die sie in die Bundesversammlung entsenden wollen. In ihrer Wahl sind die aufgestellten Personen aber frei. Die CDU-Fraktion in Mecklenburg-Vorpommern hat beispielsweise die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel nominiert. Für die Berliner CDU wird die Verlegerin Friede Springer dabei sein. Die SPD nahm den Schlagersänger Roland Kaiser auf ihre Liste, ebenso den TV-Moderator Klaas Heufer-Umlauf, den Sänger Thees Uhlmann und den Tatort-Kommissar Dietmar Bär. Das älteste Mitglied ist Karla Spagerer (92).

Die Grünen votierten unter anderem für den Virologen Christian Drosten, auch der Intensivmediziner Gernot Marx wird dabei sein, ebenso der Raumfahrer Alexander Gerst. Die FDP in NRW nominierte den Kabarettisten Dieter Nuhr und den Anwalt Mehmet Daimagüler. Er war im Prozess gegen den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) Vertreter der Nebenklage. Aus der Region sind Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, wie der Komiker Bernd Stelter in der Bundesversammlung stimmberechtigt. Auch Jörg Meyrer, katholischer Pfarrer in Bad Neuenahr-Ahrweiler wird nach Berlin entsandt.

Wer kann zur Wahl des Bundespräsidenten aufgestellt werden? 

Für die Wahl zum Bundespräsidenten kann jedes Mitglied der Bundesversammlung Wahlvorschläge einreichen. Als Kandidat können alle Deutschen vorgeschlagen werden, die das Wahlrecht zum Bundestag besitzen und das vierzigste Lebensjahr vollendet haben.

Wie stehen die Chancen auf Wiederwahl für Frank-Walter Steinmeier?

Der amtierende Bundespräsident kann auf die Stimmen der Ampel-Koalition im Bund sowie der CDU hoffen. Eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen ist ihm damit so gut wie sicher. Frank-Walter Steinmeier (66) ist 1975 in die SPD eingetreten und wurde 1999 Kanzleramtschef von Gerhard Schröder, 2005 als Außenminister. 2017 wurde Steinmeier zum Bundespräsidenten gewählt. In seiner ersten Amtszeit setzte sich Steinmeier in Deutschland vehement für die unter Druck geratene freiheitliche Demokratie ein und unterstützte bei seinen Auslandsreisen gern Staatsoberhäupter, die diese Werte gegen Widerstand in ihren Ländern vertraten. Steinmeier ist mit der Verwaltungsrichterin Elke Büdenbender verheiratet. 

Welche Kandidaten treten gegen Frank-Walter Steinmeier an?

Die Partei Die Linke will den Sozialmediziner Gerhard Traber (65) für das Amt des Bundespräsidenten nominieren. Trabert ist Arzt und Professor für Sozialmedizin in Mainz und Gründer des Vereins Armut und Gesundheit in Deutschland. Der 65-jährige ist parteilos. Die Linken hoffen, in der Bundesversammlung für ihn mehr als die eigenen 71 Stimmen für Gerhard Traber zu mobilisieren. Der Vater von vier erwachsenen Kindern schreibt auf seiner Internetseite: „Ich möchte die Kandidatur nutzen, um auf die Armut und soziale Ungerechtigkeit in diesem Land hinzuweisen, und um als Fürsprecher von Menschen aufzutreten, die zu wenig gehört werden.“ Das zähle doch zu den ureigensten Aufgaben eines Bundespräsidenten.

Die Freien Wähler wollen die Physikerin Stefanie Gebauer ins Rennen um das höchste Amt im Staat schicken. Die Brandenburgerin kann auf die Stimmen von 18 Wahlleuten der Freien Wähler in die Bundesversammlung hoffen ihre Chancen auf eine erfolgreiche Wahl gehen damit gegen null. Stefanie Gebauer (41) kommt aus der Kommunalpolitik und ist in der brandenburgischen Kleinstadt Kremmen Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung. Für die Freien Wähler, trat sie schon bei der jüngsten Bundestagswahl an. Als Direktkandidatin im Wahlkreis 58 (Oberhavel-Havelland II) holte sie 4,3 Prozent der Erststimmen. Durch ihre Kandidatur will sie vor allem Frauen Mut machen, Verwantwortung in der Gesellschaft und eine Fürhungsaufgabe zu übernehmen. Sie sagt: „Die Motivation ist, dass Demokratie Auswahl benötigt.“

Max Otte (57) geht für die AfD ins Rennen. Otte studierte in Köln Betriebs- und Volkswirtschaftslehre sowie politische Wissenschaften, wechselte später an die American University in Washington D.C. und promovierte schließlich an der Princeton University. Seine Hauptbetätigung wurde jedoch die Vermögensberatung und -anlage für Privatanleger. Der Ökonom trat 1991 in die CDU ein und wurde im Mai 2021 zum Vorsitzenden der erzkonservativen Werte-Union gewählt. Diese ist keine offizielle Vereinigung der CDU, die sich als „konservative Basisbewegung“ in der Union sieht. Den Vorsitz der Werte-Union gab Otte nach den Turbulenzen um seine Präsidentschaftskandidatur ab. Zugleich kündigte der Vater von drei Kindern an, sich anschließend aus der aktiven Politik zurückzuziehen.

 Was passiert, wenn die Kandidatin oder der Kandidat im ersten Wahlgang scheitert?

Gewählt ist, wer im ersten oder zweiten Wahlgang die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder der Bundesversammlung erhält. Erhält eine Person keine Mehrheit der Bundesversammlung, erfolgt ein dritter Wahlgang. Dann ist gewählt, wer die meisten Stimmen auf sich vereinigt. Die gewählte Person hat dem Präsidenten des Bundestages zu erklären, ob sie die Wahl annimmt. Wird die Wahl angenommen, erklärt der Präsident des Bundestages die Bundesversammlung für beendet.

Was passiert nach der Wahl des Bundespräsidenten?

Der Gewählte hat zwei Tage Zeit, um zu erklären, ob er die Wahl annimmt. Normalerweise macht er dies jedoch unmittelbar nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Anschließend hält er eine Rede. Der neu gewählte Bundespräsident leistet später bei seinem Amtsantritt den Eid vor den versammelten Mitgliedern von Bundestag und Bundesrat. Er spricht dabei dieselbe Formel wie zuletzt Olaf Scholz (SPD) bei seiner Vereidigung als Bundeskanzler. Zudem legt der Bundespräsident bei dieser Gelegenheit in einer Rede eine Art Programm für seine Amtszeit vor. Da Steinmeier den Amtseid bereits nach seiner ersten Wahl 2017 geleistet hat, entfällt dies bei seiner absehbaren Wiederwahl. Würde einer seiner Mitbewerber gewählt, würde Steinmeiers Amtszeit am 18. März ablaufen.

(Mit Material von dpa)

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