Kommentar zur CSU und dem Klima Weiß-Blau-Grün

Meinung | Berlin · Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein Kabinett wollen ökologisch durchstarten. Die CSU wird grüner, nicht, weil es ihr so besonders gefällt, sondern weil sie muss, weil es politisch (und ökologisch) notwendig ist, kommentiert Holger Möhle.

Wolken am weiß-blauen Himmel. Sorgen in der CSU. Die Partei, die über Jahrzehnte im Stile einer Staatspartei gewohnt war, mit absoluter Mehrheit allein und weitgehend ungestört zu regieren, leidet unter Vertrauensverlust und Wählerschwund.

50 Prozent plus X – das ist lange vorbei, 40 Prozent plus X – das ist inzwischen wieder ein Ziel. Zuletzt mussten sich die Christsozialen nach 37,2 Prozent bei der Landtagswahl in Bayern die Frage stellen: Warum sind wir für viele Menschen nicht mehr attraktiv? Die Krise der Volksparteien hat auch die CSU erfasst. Der rasante Wandel der Gesellschaft, beschleunigt durch Globalisierung und Digitalisierung, macht den Christsozialen zu schaffen. Die traditionellen CSU-Milieus gibt es noch, aber sie werden kleiner. Laptop und Lederhose genügen heute nicht mehr für absolute Mehrheiten.

CSU-Chef Markus Söder, der die die erheblichen Verluste von mehr als zehn Prozentpunkten bei der Landtagswahl 2018 als Ministerpräsident und Spitzenkandidat mit verantworten muss, hat das Problem erkannt. Steuert er nicht um, kann ihn der Wählerwille beim nächsten Mal ganz schnell wegspülen und seine Partei weiter schrumpfen. Und so setzt der Franke ebenso konsequent wie frech auf Themen, die die Menschen umtreiben und bislang zum Kerngeschäft der Grünen gehörten: Klima, Umwelt, Naturschutz. Die CSU wird grüner, nicht, weil es ihr so besonders gefällt, sondern weil sie muss, weil es politisch (und ökologisch) notwendig ist. Mit der Bewahrung der Schöpfung können Konservative etwas anfangen. Im 21. Jahrhundert wird diese Bewahrung der Schöpfung auch mit Klimaschutz übersetzt.

Söder ist als Ministerpräsident ein ebenso kühler Stratege wie er als Landesfinanzminister kampfeslustiger Herausforderer seines speziellen Parteifreundes Horst Seehofer war. Aber jetzt sitzt Söder an der Schaltstelle der Macht. Jetzt steht er in der CSU dafür gerade, dass die Zahlen, dass die Wahlergebnisse stimmen. Und dafür setzt er nun gezielt auf grüne Themen, weil er lieber geschickt kopiert, als unbeweglich weiter an Zustimmung verliert. Jede Zeit hat ihre Themen.

Und auch die CSU muss sich darauf einstellen, dass diese Bundesregierung vorzeitig zerbrechen könnte. Und dann werden die Karten ganz neu gemischt. Eine Koalition mit den Grünen (plus womöglich der FDP) im Bund ist eine Option, wenn auch eine in Teilen der CSU immer noch nicht besonders beliebte. Deshalb ist es richtig, wenn Söder den Grünen-sperrigen Teil seiner Partei auf ein solches Regierungsbündnis einstellt. Söder geht in Richtung Zukunft. Er will, dass die „Fridays for Future“ auch an der CSU nicht vorbei gehen. Er will seine Regierungszeit absichern wie er auch neue Mehrheiten für die CSU zu erschließen versucht. Und dazu braucht er die junge Generation, die er mit alten Rezepten ohnehin nicht erreichen würde. Also flinke Wende in der eigenen Programmatik. Er setzt dabei auf die aus seiner Sicht aktuell erfolgversprechendste Kombination: Weiß-Blau mit grünem Hintergrund.