Reform der Erbschaftssteuer Weniger Pflichten für kleine Firmen

BERLIN · Die Koalition hat sich auf die Reform der Erbschaftssteuer geeinigt. Für kleinere Firmen gibt es Erleichterungen.

 Der Müller Christian Müller in seiner Mühle in Tauberrettersheim (Bayern). Für sein Familienunternehmen ist die Neuregelung der Erbschaftsteuer von Vorteil.

Der Müller Christian Müller in seiner Mühle in Tauberrettersheim (Bayern). Für sein Familienunternehmen ist die Neuregelung der Erbschaftsteuer von Vorteil.

Foto: picture alliance / dpa

Während des ganzen Wochenendes brüteten die Fachleute der bayerischen Landesregierung, des Bundesfinanz- und Wirtschaftsministeriums über den exakten Formulierungen. Selbst gestern Morgen wurden letzte Details noch in den Spitzen der großen Koalition abgestimmt. Dann, um 9.58 Uhr, ließ Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble den zweiseitigen Kompromiss veröffentlichen. Nach anderthalbjähriger Debatte hat sich die Regierung über die Reform der Erbschaftsteuer für Firmen geeinigt.

Am Schluss zogen sich die Verhandlungen in die Länge, weil die bayerische CSU einen mit CDU und SPD bereits ausgehandelten Konsens noch einmal in Frage stellte. Besonders für zwei Gruppen von Firmenerben wollte CSU-Chef Horst Seehofer zusätzliche Verbesserungen herausholen: kleine Handwerksbetriebe und größere Familienunternehmen.

Am meisten hat sich die Intervention der CSU für Handwerker und andere kleine Betriebe gelohnt. Bis zu einer Anzahl von fünf Beschäftigten werden diese künftig von bestimmten Nachweispflichten entbunden. Im ursprünglichen Gesetzentwurf von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lag diese Grenze noch bei drei Arbeitnehmern. Stimmen Bundestag und Bundesrat dem Kompromiss zu, müssen kleine Firmen nicht belegen, dass sie die Arbeitsplätze über den Erbfall hinaus sichern, um von der Erbschaftsteuer befreit zu werden. Größere Unternehmen werden nur dann ganz oder teilweise von der Steuer verschont, wenn sie beweisen, dass sie die Zahl der Stellen fünf beziehungsweise sieben Jahre erhalten. Gemessen wird dies mittels der Lohnsumme, die an die Arbeitnehmer fließt.

Die zweite Verbesserung für Firmenerben, die die CSU am Ende erreichte, betrifft die Investitionen. „Diejenigen Mittel aus dem Erbe, die gemäß dem vorgefassten Willen des Erblassers innerhalb von zwei Jahren nach seinem Tod für Investitionen in das Unternehmen getätigt werden, sind steuerrechtlich begünstigt“, heißt es im Papier. Damit kommt den Firmen eine weitere Ausnahme zugute, die die Steuerlast der Erben senkt.

Dieser Einigung ging eine anderthalbjährige Debatte voraus. Im Dezember 2014 forderte das Bundesverfassungsgericht die Regierung und das Parlament auf, das Erbschaftsteuergesetz zu ändern. Die Richter und Richterinnen hielten die „Privilegierung betrieblichen Vermögens“ in zweifacher Hinsicht für „unverhältnismäßig“. Besonders die Erben von großen Unternehmen, sowie die Familiennachkommen von kleinen Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten würden zu sehr begünstigt.

Schäuble legte daraufhin im Juni 2015 einen Reformvorschlag vor. Dieser enthielt unter anderem drei entscheidende Punkte. Erstens sank die Steuerfreigrenze für kleine Betriebe von 20 auf drei Beschäftigte. Zweitens sollten größere Unternehmen mit einem begünstigten Vermögen von über 20 Millionen Euro nur noch teilweise von der Erbschaftsteuer verschont werden – auch wenn sie ihre Arbeitsplätze erhalten. Bei 110 Millionen Euro sollte die Verschonung enden.

Vor allem Unternehmerverbände und CSU kritisierten Schäubles Vorschlag. An mehreren Stellen gelang es ihnen, den Gesetzentwurf für die Firmen günstiger zu gestalten. Die Fraktionsspitzen Gerda Hasselfeldt (CSU), Ralph Brinkhaus (CDU) und Carsten Schneider (SPD) beschlossen im Februar 2016 einen neuen Konsens. Demnach stieg die Untergrenze, ab der die Verschonung von der Erbschaftsteuer abgeschmolzen wird, von 20 auf 26 Millionen Euro. In Familienunternehmen wurden außerdem 30 Prozent des Werts der vererbten Anteile steuerfrei gestellt. Damit trug man dem Argument Rechnung, dass die Nachkommen die ererbten Gesellschaftsanteile gar nicht versilbern könnten, weil sie rechtlich im Unternehmen fest gebunden seien. Eine weitere Verbesserung zugunsten der Firmen: Sind die Erben nachweislich nicht in der Lage, die Steuer zu bezahlen, kann sie für zehn Jahre zinslos gestundet werden.

Als Teil des Handels muss nun allerdings auch die CSU Federn lassen. Statt der oberen Grenze von 110 Millionen Euro, bis zu der die Verschonung abschmilzt, gilt künftig ein Höchstbetrag im Umkreis von 90 Millionen. Manche Firmenerben werden an dieser Stelle etwas mehr Steuer entrichten müssen, als Schäubles Gesetzentwurf vorsah. Das verlangte die SPD als Ausgleich für die CSU-Forderungen.

Die gesamte Reform soll im Übrigen aufkommensneutral ablaufen. Die Einnahmen des Staates werden das gegenwärtige Niveau, das bei sechs Milliarden Euro pro Jahr liegt, allenfalls leicht übersteigen. 2014 wurde laut Statistischem Bundesamt Vermögen im Wert von 108,8 Milliarden Euro vererbt oder geschenkt. Wegen der Freibeträge und Firmenprivilegien wurden davon nur 33,8 Milliarden Euro besteuert. Die Finanzämter nahmen schließlich 5,4 Milliarden ein.

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